#E‑Health: Fluch oder Segen?

BAGSO-Sit­zung in Frank­furt: Susan­ne Mau­ers­berg (rechts) erklärt, was mit e‑health auf uns zukommt. Bet­ti­na Klop­pig (links dane­ben) infor­miert über den Digital-Kompass

Bald wer­den wir auch in Deutsch­land einen gro­ßen Schritt Rich­tung e‑health (=Elec­tro­nic Health, auf elek­tro­ni­scher Daten­ver­ar­bei­tung basie­ren­de Gesund­heit) machen; e‑health ist ein Sam­mel­be­griff für den Ein­satz digi­ta­ler Tech­no­lo­gien im Gesund­heits­we­sen, die in eini­gen ande­ren euro­päi­schen Län­dern schon heu­te selbst­ver­ständ­lich sind. Um auch bei uns eine ähn­li­che Rich­tung ein­schla­gen zu kön­nen, wur­de vor über 10 Jah­ren die gema­tik gegrün­det – die Gesell­schaft für Tele­ma­tik­an­wen­dun­gen der Gesund­heits­kar­te mgH. Das Wort Tele­ma­tik ver­knüpft Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on und Infor­ma­tik, also zwei Informationssysteme.

In die­sem Fall geht es um die elek­tro­ni­sche Ver­si­cher­ten­kar­te, die alle Kran­ken­kas­sen­mit­glie­der jetzt nach und nach zuge­schickt bekom­men. Die Idee war, behand­lungs­re­le­van­te Infor­ma­tio­nen zwi­schen Arzt, Kran­ken­häu­sern oder Apo­the­ken zu ver­bin­den. Gesell­schaf­ter des Unter­neh­mens sind unse­re medi­zi­ni­schen Spit­zen­ver­bän­de: die gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen, die Kas­sen­ärzt­li­che Bun­des­ver­ei­ni­gung, die Deut­sche Kran­ken­haus­ge­sell­schaft, die Bun­des­ärz­te­kam­mer, die Kas­sen­zahn­ärzt­li­che Bun­des­ver­ei­ni­gung und der Deut­sche Apothekerverband.

Rück­fahrt von Frank­furt, wie auf der Hin­fahrt wie­der mit über einer hal­ben Stun­de Ver­spä­tung – ob sich das mit mehr Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on auch ändern könnte?

Zum Anhö­ren die­ser Zukunfts­mu­sik hat­te die BAGSO (Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft der Senio­ren-Orga­ni­sa­tio­nen) nach Frank­furt ein­ge­la­den, im Rah­men einer Sit­zung der Arbeits­grup­pe Neue Medi­en. Im Moment kann die neue Ver­si­cher­ten­kar­te aller­dings noch nicht so viel, es müs­sen zuerst neue Wege geschaf­fen wer­den, um alle Daten zu ver­ar­bei­ten. Sobald das klappt, könn­ten zukünf­tig alle wich­ti­gen medi­zi­ni­schen Daten gespei­chert wer­den – und zwar aus Daten­schutz­grün­den auf einer vom  Inter­net unab­hän­gi­gen Platt­form. Die Ver­si­cher­ten­stamm­da­ten (Name, Geburts­da­tum, Adres­se, Ver­si­cher­ten- und Zuzah­lungs­sta­tus) gehö­ren zum Pflicht­pro­gramm. Auf der Rück­sei­te fin­det sich die euro­päi­sche Kar­te für eine Behand­lung im Ausland.

Dar­über hin­aus kann man sich ein soge­nann­tes Pati­en­ten­fach ein­rich­ten, auf dem u.a. alle Arzt­pro­to­kol­le, ver­ord­ne­te Medi­ka­men­te, Unter­su­chungs­er­geb­nis­se gespei­chert wer­den… Es wird nur das fest­ge­hal­ten, was man sel­ber dort haben will. Und man kann auch sel­ber Wer­te ein­ge­ben, zum Bei­spiel die selbst gemes­se­nen Blut­zu­cker- oder Cho­le­ste­rin­wer­te. Die Kartenbesitzer*innen sind also Admi­nis­tra­to­ren die­ser Sei­te und kön­nen dort jeder­zeit ein­zel­ne Sät­ze, Bil­der oder Doku­men­te löschen.

In die­sem Pati­en­ten­fach könn­ten auch lebens­wich­ti­ge Daten für eine Not­fall­ver­sor­gung ste­hen und ein Medi­ka­men­ten­plan (mit Ein­nah­me­emp­feh­lung für alle Medi­ka­men­te, die man nimmt). Wel­che Daten an ande­re Ärz­te wei­ter­ge­ge­ben wer­den, ent­schei­det man selbst, wie jetzt auch.

Susan­ne Mau­ers­berg vom Bun­des­ver­band der Ver­brau­cher­zen­tra­len und Mit­glied im Bei­rat der gema­tic, sieht die­se Ent­wick­lung durch­aus posi­titv. Wobei aus ihrer Sicht noch ein­gi­ges fehlt für ein per­fek­tes Sys­tem. Z.B. haben im Moment Pfle­ge­kräf­te noch kei­nen Zugriff. Außer­dem bedau­ert sie das Fern­be­hand­lungs­ver­bot, das gera­de fest­ge­legt wur­de. Bei bestimm­ten Krank­hei­ten sei ein Arzt­be­such über­flüs­sig, erklärt sie, z.B. bei Bla­sen­ent­zün­dun­gen. Hel­fen kön­ne dann nur ein Anti­bio­ti­kum, das Ärz­te auch ohne vor­he­ri­gen Besuch ver­ord­nen könnten.

Lei­der sei der Ein­satz von Smart­phones bis­her nicht mög­lich – anders als in Däne­mark , wo schon 96%  des Gesund­heits­we­sens digi­tal ablau­fe. Das Pro­blem sei­en die unsi­che­ren Betriebs­sys­te­me der Smart­phones, die gene­rell gro­ße Sicher­heits­lü­cken hät­ten. Die Dänen wür­den das ein­fach igno­rie­ren, genau­so wie die Ame­ri­ka­ner. Dort sei­en aber auch schon Mil­lio­nen von Gesund­heits-Akten gehackt wor­den, das will man bei uns verhindern.

Es gibt aller­dings auch Kri­tik gegen das neue Sys­tem: So hat ein Refe­rent der Ham­bur­ger Ver­brau­cher­zen­tra­le jah­re­lang gegen die E‑Karte gekämpft. Susan­ne Mau­ers­berg ver­steht das nicht, da Unter­neh­men wie Apple und Goog­le sowie­so mit  neu­en Gesund­heits­ap­ps in den Start­lö­chern ste­hen. Die wür­den die Daten aber nur sam­meln wol­len, um sie zu ver­kau­fen. Das sei mit e‑health nicht mög­lich. Dafür hät­te u.a. der gema­tic-Bei­rat in lan­gen Ver­hand­lun­gen mit vie­len guten Argu­men­ten gesorgt.

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