Internationaler Tag der älteren Menschen

Die Fest­ver­an­stal­tung im Bach­saal des Ham­bur­ger Michels war sehr gut besucht

Die Ham­bur­ger Gesund­heits­se­na­to­rin begann ihre Rede gleich mit einem Knal­ler: „Es gibt eine neue Stu­die aus New York. Dafür wur­de einer Stu­den­ten­grup­pe ein Text vor­ge­legt mit zahl­rei­chen Wor­ten wie Ren­te, grau, senil, Senio­ren etc. Eine ande­re Grup­pe erhielt einen Text mit Begrif­fen wie bunt, laut, dyna­misch … Nach dem Lesen ver­lie­ßen die Stu­den­ten den Raum – und es wur­de ihre Schritt­ge­schwin­dig­keit auf dem Weg zum Fahr­stuhl gemes­sen. Die ers­te Grup­pe war sehr viel lang­sa­mer als die zwei­te!“ Gro­ßes Geläch­ter und Bei­fall im Gemein­de­saal der Michae­lis Kir­che, in der sich etwa 100 älte­re Men­schen auf Ein­la­dung der Lan­des­se­nio­ren­bei­rats hin ver­sam­melt hat­ten, um den inter­na­tio­na­len Tag der älte­ren Men­schen zu fei­ern. Der ist zwar erst am 1. Okto­ber, aber das ist ein Sonn­tag; des­halb wur­de schon mal vorgefeiert.

Es sei also klar, fuhr die Sena­to­rin fort, wir bräuch­ten neue Alters­bil­der! Die meis­ten Senio­ren woll­ten im Ruhe­stand nicht inak­tiv sein, woll­ten kei­nen Rück­zug ins Pri­va­te, son­dern sich enga­gie­ren. Die Grup­pe der Älte­ren im Ehren­amt wüch­se stän­dig, über­all in Deutsch­land. Etwa 500 Hamburger*innen enga­gier­ten sich in den Senio­ren­bei­rä­ten – eine heu­te ver­öf­fent­lich­te Eva­lua­ti­on zei­ge, dass dort gut gear­bei­tet würde.

Sena­to­rin Cor­ne­lia Prü­fer-Storck hielt die Ansprache

Sie beton­te, dass wir unse­re Quar­tie­re jetzt demo­gra­fie­fest machen müss­ten, das bedeu­te: Wir brau­chen bar­rie­re­freie Woh­nun­gen, müss­ten die Ver­ein­bar­keit von Fami­lie, Pfle­ge und Beruf regeln, den ambu­lan­ten Pfle­ge­dienst för­dern, klei­ne Woh­nun­gen bau­en für Älte­re und grö­ße­re für Wohn­ge­mein­schaf­ten. Alle öffent­lich geför­der­ten Woh­nun­gen in Ham­burg sei­en jetzt schon bar­rie­re­frei. Pfle­ge­hei­me soll­ten zu Stadt­teil­zen­tren gemacht werden.

Das The­ma Pfle­ge sei im Wahl­kampf viel zu kurz gekom­men. In TV-Sen­dun­gen sei es fast ganz unter den Tisch gefal­len, weil die Jour­na­lis­ten nicht danach gefragt hät­ten – aber immer dann, wenn Bür­ger sel­ber Fra­gen stel­len konn­ten, hat­te es eine gro­ße Bedeutung.

Der Ham­bur­ger Senat star­te jetzt eine gro­ße Pfle­ge­of­fen­si­ve, um den Beruf des Alten­pfle­gers attrak­ti­ver zu machen.

Bei der Pfle­ge­auf­sicht müs­se nach­ge­steu­ert wer­den, sie blei­be auf jeden Fall in den Bezir­ken. Allein die Auf­sicht über ambu­lan­te Diens­te wer­de zukünf­tig zen­tral gere­gelt. Bei einer Online-Befra­gung, an der sich jüngst über 1000 Men­schen betei­ligt hät­ten, sei der größ­te Wunsch der Men­schen gewe­sen: bezahl­ba­rer bar­rie­re­frei­er Wohnraum.

Die Fest­red­ner war Dr. Hen­ning Scherf, Ex-Bür­ger­meis­ter aus Bremen

Fest­red­ner war dies­mal Dr. Hen­ning Scherf, Ex-Bür­ger­meis­ter aus Bre­men. Auch er begann sei­nen Vor­trag sehr span­nend: Er sei im Bei­rat des Max-Planck-Insti­tuts Ros­tock, die eine exzel­len­te Alters­for­schung betrie­ben („die Feins­te vom Feins­ten!”). Er hat­te sich von ihnen eine Unter­su­chung der sehr Hoch­alt­ri­gen, über 110 Jah­re, gewünscht. Es wur­den tat­säch­lich welt­weit 841 Men­schen in dem Alter gefun­den und befragt. Hen­ning Scherf hat sich die Stu­di­en­ergeb­nis­se durch­ge­le­sen und gese­hen, dass es vor allem zwei Sachen waren, die alle mit­ein­an­der ver­bun­den haben:

1. Die Hoch­alt­ri­gen waren nicht allein, hat­ten Fami­lie, Freun­de, einen Arbeits­kreis, waren immer auch mit jün­ge­ren Men­schen zusammen.

2. Sie hat­ten alle etwas zu tun, eine Auf­ga­be, bis ins hohe Alter.

Lecke­re Bröt­chen und Saft gab es nach der Festveranstaltung

Kei­ner wol­le im höhe­ren Alter noch acht Stun­den täg­lich arbei­ten. Aber ver­ant­wort­lich sein für etwas, eine Auf­ga­be haben, ab und zu für etwas gelobt wer­den, das brau­che offen­bar jeder. Scherf woll­te des­halb nicht über Pfle­ge reden, son­dern über die Ver­mei­dung von Pfle­ge. Dafür müs­se man über Bewe­gung, gute Ernäh­rung und bar­rie­re­freie Woh­nun­gen spre­chen. Die Fin­nen – und gene­rell die Skan­di­na­vi­er – mach­ten das im Übri­gen toll, sie bau­ten nicht ein Heim nach dem ande­ren, in das man alte Leu­te abschie­ben kön­ne. Sie sei­en offen­bar im Mit­ein­an­der viel geüb­ter, da sie kei­ne Krie­ge wie wir erlebt hät­ten. Er erzähl­te des­halb noch eine Geschich­te, die er noch nie erzählt hat­te: Er war mit sei­ner Frau, als sie bei­de noch stu­dier­ten, zum ers­ten Mal nach Däne­mark in den Urlaub gefah­ren. An die Ost­see, nach Ebelt­oft. Das gefiel ihnen bei­den sehr gut – und dort wur­de auch ihr ers­tes Kind gezeugt. Vor kur­zem gab es nun einen welt­wei­ten Wett­be­werb mit 500.000 Euro Preis­geld von der Ber­tels­mann-Stif­tung für das bes­te Mit­ein­an­der der Gene­ra­tio­nen. Und die­sen Wett­be­werb hat nun aus­ge­rech­net Ebelt­oft gewon­nen. Dort habe man seit vie­len, vie­len Gene­ra­tio­nen eine Kul­tur ent­wi­ckelt, die alle mit ein­be­zie­he, auch die Älte­ren. Die Jun­gen wür­den ledig­lich assis­tie­ren, wenn die Älte­ren nicht wei­ter­kom­men, z. B. bei kör­per­li­chen Behinderungen.

Dag­mar Hir­che von Wege aus der Ein­sam­keit e. V. und ich auf der Empo­re. Dag­mar Hir­che wird auch bei unse­rer Beteiligungs­veran­staltung am 25.11. in Frank­furt dabei sein

Aber alle wür­den so lan­ge es geht selbst­be­stimmt und eigen­ver­ant­wort­lich leben. Psy­cho­lo­gen sagen, dass man mit zuneh­men­dem Alter die Fähig­keit ent­wi­ckeln wür­de, kör­per­li­che Ver­lus­te zu kom­pen­sie­ren durch geis­ti­ge Kraft. Alters­for­scher, Psy­cho­lo­gen und Medi­zi­ner sind sich einig, dass wir im Alter nicht immer gebrech­li­cher wer­den. Es gäbe eine Schwel­le – und wenn man die über­wun­den habe, ver­lang­sa­me sich der Pro­zess des Gebrech­lich­wer­dens. Des­halb müss­ten wir unbe­dingt die ambu­lan­ten Kräf­te aus­bau­en und nicht die sta­tio­nä­ren! Wenn uns das gelän­ge, sei der demo­gra­fi­sche Wan­del die Zukunft und nicht das Ende!

 

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