Rente: Abschlussbericht der Grünen Rentenkommission

I. Herausforderungen und Aufgaben

Alters­si­che­rung braucht Ver­än­de­rung. Seit jeher ist das Sys­tem der Alters­vor­sor­ge ein Spie­gel­bild des gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Wan­dels. Schon das Kon­zept des her­kömm­li­chen „Alters­ru­he­stands“ selbst ver­än­dert sich: Neben dem klas­si­schen Ren­ten­be­zug wer­den in Zukunft die unter­schied­lichs­ten Kom­bi­na­tio­nen aus Ren­ten­be­zug und Teil­zeit­ar­beit, ehren­amt­li­chem Enga­ge­ment, Sor­ge­ar­beit für Partner*innen sowie Ange­hö­ri­ge ste­hen. Grü­ne Ren­ten­po­li­tik muss eine Ant­wort auf die sich ver­än­dern­den Lebens­la­gen, Berufs­bio­gra­phien und Erwar­tun­gen der Ver­si­cher­ten sowie der Men­schen im Alters­ru­he­stand geben. Gleich­zei­tig erle­ben wir einen tief­grei­fen­den Wan­del der Arbeits­welt. Das soge­nann­te Nor­mal­ar­beits­ver­hält­nis ist zwar noch vor­herr­schend, doch neben die geschlos­se­nen Erwerbs­bio­gra­fien tre­ten zuneh­mend sol­che, die erzwun­ge­ne und manch­mal auch frei­wil­li­ge Brü­che auf­wei­sen. Über­dies ist pre­kä­re Beschäf­ti­gung inzwi­schen alles ande­re als ein Rand­phä­no­men. Neue For­men selbst­stän­di­ger Tätig­kei­ten ent­ste­hen, die weder über die Ren­ten­ver­si­che­rung noch über ande­re Sys­te­me abge­si­chert sind. Gleich­zei­tig wol­len sich immer weni­ger Frau­en auf die Ver­sor­gung durch ihre Ehe­män­ner ver­las­sen. Von Alters­ar­mut sind beson­ders häu­fig sie betrof­fen. Vie­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger fra­gen sich: Wie gestal­te ich ange­sichts des sin­ken­den Ren­ten­ni­veaus mei­nen Ruhe­stand, beson­ders wenn die zusätz­li­che Alters­vor­sor­ge hin­ter den Erwar­tun­gen zurück­bleibt? Abstiegs­sor­ge und die Angst vor Alters­ar­mut wer­den immer mehr zu einem erns­ten rea­len Pro­blem. Es war die Auf­ga­be der durch den Bun­des­vor­stand von Bünd­nis 90/Die Grü­nen ein­ge­rich­te­ten Ren­ten­kom­mis­si­on, Ant­wor­ten zu for­mu­lie­ren und so eine Grund­la­ge für wei­ter­ge­hen­de Dis­kus­sio­nen in den ver­schie­de­nen Arbeits­zu­sam­men­hän­gen und ‑Grup­pen der Grü­nen Par­tei auf den unter­schied­li­chen Ebe­nen Bund, Län­dern und Kom­mu­nen zu schaf­fen, auch mit Blick auf die Bun­des­tags­wahl 2017. Arbeits­grund­la­ge für die kon­kre­ten Fra­ge­stel­lun­gen ist der sozi­al­po­li­ti­sche Beschluss der Bun­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz (BDK) von 2012 in Han­no­ver. Dar­in heißt es: »Die noch offe­nen Fra­gen wie die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der Bür­ge­rIn­nen­ver­si­che­rung,  der Balan­ce zwi­schen Ren­ten­ni­veau und Bei­trags­sta­bi­li­tät, der Rege­lun­gen für einen fle­xi­blen Über­gang in die Ren­te, dar­un­ter auch die Fra­ge der abschlag­frei­en Ren­te ab 45 Ver­si­che­rungs­jah­ren, der eigen­stän­di­gen Alters­si­che­rung, wer­den in der nächs­ten Wahl­pe­ri­ode in der Par­tei wei­ter ent­wi­ckelt und konkretisiert.»Die Zeit zu han­deln ist his­to­risch güns­tig: Die demo­gra­fi­sche Situa­ti­on ist noch sta­bil und bis zum Ein­tritt der so genann­ten „Baby-Boo­mer“ in die Ren­te ver­bleibt noch Reak­ti­ons­zeit. Die posi­ti­ve kon­junk­tu­rel­le Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re und die hohen Beschäf­tig­ten­zah­len haben in Ver­bin­dung mit den Ren­ten­re­for­men der Jahr­tau­send­wen­de für die nied­rigs­ten Bei­trags­sät­ze seit 25 Jah­ren gesorgt. Inso­fern bestehen sowohl finan­zi­ell als auch im Hin­blick auf die poli­ti­sche Rah­men­set­zung per­spek­ti­vi­sche Steue­rungs­mög­lich­kei­ten, um auf die mit dem gesun­ke­nen Ren­ten­ni­veau ver­bun­de­nen Pro­ble­me, Sor­gen und Ängs­te der Ver­si­cher­ten poli­tisch zu reagie­ren. Wohin sich das Sys­tem der Alters­si­che­rung nach 2030 ent­wi­ckelt, ist noch völ­lig offen. Spä­tes­tens in der kom­men­den Legis­la­tur­pe­ri­ode ste­hen weg­wei­sen­de Ent­schei­dun­gen an. Die­se müs­sen jetzt vor­be­rei­tet und in der kom­men­den Wahl­pe­ri­ode getrof­fen wer­den. Mit die­sem Abschluss­be­richt legt die Grü­ne Ren­ten­kom­mis­si­on ihre Emp­feh­lun­gen für die Wei­ter­ent­wick­lung der Alters­si­che­rung­s­ys­tems vor.

II. Plädoyer für eine starke gesetzliche Rente

Die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung (GRV) ist die mit Abstand stärks­te Säu­le im so genann­ten Drei-Säu­len-Modell der Alters­si­che­rung. Rund neun Zehn­tel der Gesamt­aus­ga­ben in Höhe von über 280 Mrd. Euro pro Jahr gehen auf ihr Kon­to. Die betrieb­li­che Alters­ver­sor­gungsowie die pri­va­te Alters­vor­sor­ge stel­len nicht mehr als eine Ergän­zung des Sys­tems dar. Eine siche­re Alters­ver­sor­gung für alle Men­schen benö­tigt daher auch zukünf­tig eine star­ke gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung als zen­tra­le Säu­le. Die Legi­ti­mi­tät der GRV wird aber nur dann gewahrt, wenn lang­jäh­rig Ver­si­cher­ten kei­ne Armut droht und wenn sich eige­ne Bei­trä­ge tat­säch­lich loh­nen. Letz­te­res gilt für klei­ne, mitt­le­re und hohe Ein­kom­men glei­cher­ma­ßen. Denn nur wem trotz lang­jäh­ri­ger Bei­trags­zah­lung im Ren­ten­al­ter kei­ne Sozi­al­hil­fe droht oder wem die Mög­lich­keit eröff­net wird, den Lebens­stan­dard jen­seits der Armuts­gren­ze zu sichern, wird der gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rung lang­fris­tig Ver­trau­en schen­ken. Wir set­zen daher auf eine star­ke gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung mit einem ange­mes­se­nen Ren­ten­ni­veau und einer Garantierente.

Angemessenes Rentenniveau

Wir müs­sen aller­dings kon­sta­tie­ren, dass das Leis­tungs­ni­veau der gesetz­li­chen Ren­te in den letz­ten Jah­ren stark gesun­ken ist. Im Ver­gleich zu ande­ren OECD-Staa­ten liegt die Ersatz­ra­te der ver­pflich­ten­den Vor­sor­ge­sys­te­me in Deutsch­land unter­halb des Durch­schnitts. Dies gilt im Übri­gen auch unter Ein­be­zug der frei­wil­li­gen pri­va­ten Vor­sor­ge. Pro­ble­ma­tisch ist ins­be­son­de­re das wei­te­re Absin­ken des Ren­ten­ni­veaus. Dies hat zur Fol­ge, dass schon Ende der 2020-Jah­re 30 Ent­gelt­punk­te nicht mehr aus­rei­chen wür­den, um einen Sozi­al­hil­fe­be­zug zu ver­mei­den. Für immer mehr Ver­si­cher­te wird somit der Wech­sel vom Arbeits­le­ben in den Ruhe­stand zu einem deut­li­chen Sta­tus­ver­lust füh­ren. Um die­ser Kri­se vor­zu­beu­gen, wol­len wir Maß­nah­men ergrei­fen, wel­che dazu bei­tra­gen, das Ren­ten­ni­veau zu sta­bi­li­sie­ren. Momen­tan erhält die so genann­te Eckrentnerin1 bzw. der Eck­rent­ner nach 45 Bei­trags­jah­ren aus einem durch­schnitt­li­chen Ver­dienst eine Ren­te, die rund 47 % des durch­schnitt­li­chen Net­to­ent­gelts ent­spricht. Auf die­se Ren­te fal­len noch Steu­ern an. Ohne wei­te­re Maß­nah­men kann die­se Ziel­mar­ke bis zum Jahr 2030 auf bis zu 43% absinken.

1. Die „Stan­dard-“ oder „Eck­ren­te“ ist eine regel­mä­ßig im Ren­ten­recht und daher auch im Kon­text die­ses Berichts genutz­te Rechen­grö­ße. Der Begriff „Eck­rent­ne­rin“ bzw. „Eck­rent­ner“ bezeich­net eine fik­ti­ve Per­son, die nach 45 Bei­trags­jah­ren in der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung unter der Annah­me eines Durch­schnitts­ent­gelts eine Regel­al­ters­ren­te bezieht und dabei dem­entspre­chend 45 Ent­gelt­punk­te erreicht. Der tat­säch­li­chen Rea­li­tät der Arbeits­welt ent­spricht das dabei zugrun­de geleg­te durch­gän­gi­ge Nor­mal­ar­beits­ver­hält­nis aller­dings kaum. So kom­men Frau­en laut Sta­tis­tik der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung in West­deutsch­land im Durch­schnitt auf nicht mehr als 21 Ent­gelt­punk­te. Auch der männ­li­che Eck­rent­ner ist auf­grund von Brü­chen im Erwerbs­le­ben und aty­pi­schen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen in der Wirk­lich­keit immer sel­te­ner anzutreffen.

2. Unse­rer Vor­stel­lung nach soll­te die Ren­ten­ver­si­che­rung lang­fris­tig ver­spre­chen kön­nen, mit eige­nen Bei­trä­gen den „Lebens­stan­dard“ jen­seits der Armuts­gren­ze sichern zu kön­nen. Richt­grö­ße muss sein, dass eben­so wie heu­te der Eck­rent­ner bzw. die Eck­rent­ne­rin auch­nüber das Jahr 2025 hin­aus min­des­tens eine Ren­te erhält, die 50% ober­halb der Grund­si­che­rung im Alter liegt. Damit wäre auch klar, dass 30 Ent­gelt­punk­te stets eine Ren­te ober­halb der Grund­si­che­rungs­schwel­le garantierten

Die Grüne Garantierente

Zusätz­lich soll­te die Ren­ten­ver­si­che­rung durch eine Garan­tie­ren­te gewähr­leis­ten, dass alle Men­schen, die den größ­ten Teil ihres Lebens gear­bei­tet, Kin­der erzo­gen, ande­re Men­schen gepflegt oder sons­ti­ge Anwart­schaf­ten in der Ren­ten­ver­si­che­rung erwor­ben haben, im Alter eine Ren­te bezie­hen, die ober­halb der Grund­si­che­rung liegt. Unge­ach­tet der Vor­schlä­ge für ein ange­mes­se­nes Ren­ten­ni­veau for­dern wir daher Maß­nah­men zur Bekämp­fung von Alters­ar­mut für lang­jäh­rig Ver­si­cher­te. Denn nied­ri­ge Löh­ne, Zei­ten der Arbeits­lo­sig­keit, der Pfle­ge von Ange­hö­ri­gen oder der Erzie­hung von Kin­dern kön­nen dazu füh­ren, dass Ver­si­cher­te trotz lang­jäh­ri­ger Mit­glied­schaft in der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung nicht auf 30 Ent­gelt­punk­te kom­men und somit auf Leis­tun­gen der Grund­si­che­rung im Alter ange­wie­sen wären. Für die­se Ver­si­cher­ten wol­len wir eine steu­er­fi­nan­zier­te Garan­tie­ren­te inner­halb der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung schaf­fen, die eine Ren­te ober­halb des Grund­si­che­rungs­ni­veaus ver­spricht. Klar ist aber auch: Je stär­ker das Siche­rungs­ni­veau der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung, des­to weni­ger Ver­si­cher­te sind auf die Garan­tie­ren­te angewiesen.

Die Grüne Bürger*innenversicherung

Mit­tel­fris­tig soll die Ren­ten­ver­si­che­rung zur Bürger*innenversicherung wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den, in die alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, das heißt auch Beamt*innen, Selb­stän­di­ge und Abge­ord­ne­te, auf alle Ein­kom­mens­ar­ten unab­hän­gig vom Erwerbs­sta­tus ein­zah­len. Es ist nicht mehr zeit­ge­mäß, dass der Erwerbs­sta­tus über die Absi­che­rung im Alter ent­schei­det und so vie­le Selb­stän­di­ge nicht für das Alter abge­si­chert sind. Das ist für uns sowohl eine Fra­ge der Gerech­tig­keit wie der öko­no­mi­schen Nach­hal­tig­keit. Gleich­zei­tig wer­den dadurch Ver­si­che­rungs­lü­cken geschlos­sen und eige­ne Ansprü­che auf­ge­baut, die prä­ven­tiv vor Alters­ar­mut schüt­zen. In einem ers­ten Schritt wol­len wir alle nicht ander­wei­tig abge­si­cher­ten Selb­stän­di­gen in die Ren­ten­ver­si­che­rung einbeziehen.

Finanzierung der Rentenversicherung stärken

Neben der Fra­ge des Siche­rungs­ziels steht die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung vor wei­te­ren Her­aus­for­de­run­gen. So hat die stei­gen­de Lebens­er­war­tung eine län­ge­re durch­schnitt­li­che Ren­ten­be­zugs­dau­er zur Fol­ge. Die gebur­ten­star­ken Jahr­gän­ge kom­men in den nächs­ten Jah­ren ins Ren­ten­al­ter. Ein zuneh­mend frag­men­tier­ter Arbeits­markt könn­te mit­tel­fris­tig Bei­trags­ein­nah­men min­dern. Will man nicht wie in der Ver­gan­gen­heit über Leis­tungs­kür­zun­gen spre­chen, muss daher die Ein­nah­me­si­tua­ti­on der Ren­ten­kas­se nach­hal­tig ver­bes­sert wer­den. Hier­für sind meh­re­re Maß­nah­men not­wen­dig, die auch aus gesell­schafts­po­li­ti­schen Grün­den unse­re Unter­stüt­zung fin­den. So muss sich der Bund stär­ker als bis­her an den so genann­ten ver­si­che­rungs­frem­den Leis­tun­gen der Ren­ten­kas­se betei­li­gen. Es kann nicht sein, dass gesamt­ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­ben wie die Müt­ter­ren­te ein­sei­tig zulas­ten der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung gehen. Noch immer wird zu wenig unter­nom­men, um Beschäf­tig­te bei der Ver­län­ge­rung ihrer Lebens­ar­beits­zeit zu unter­stüt­zen. Einer Erhö­hung der Erwerbs­be­tei­li­gung von Frau­en und Maß­nah­men für ein höhe­res Lohn­ni­veau von Frau­en und in soge­nann­ten Frau­en­be­ru­fen ste­hen zwar lang­fris­tig höhe­re Ren­ten­aus­ga­ben gegen­über. Die Stär­kung der Erwerbs­be­tei­li­gung von Frau­en birgt aber den­noch erheb­li­ches Poten­ti­al zur Stär­kung der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und hilft die demo­gra­phie­be­ding­ten Her­aus­for­de­run­gen bes­ser zu bewäl­ti­gen. Durch­gän­gi­ge Erwerbs­bio­gra­fien und siche­re, gesun­de und fair ent­lohn­te Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se erhö­hen die Ren­ten der Beschäf­tig­ten und stär­ken glei­cher­ma­ßen das Ren­ten­sys­tem. Auch die Wei­ter­ent­wick­lung der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung hin zu einer Bürger*innenversicherung und die Arbeits­markt­in­te­gra­ti­on von Zuge­wan­der­ten sowie Geflüch­te­ten kön­nen die Finan­zen der Sozi­al­ver­si­che­run­gen erheb­lich ent­las­ten. Die Erhö­hung der Erwerbs­be­tei­li­gung Älte­rer könn­te eben­so einen sol­chen Bei­trag leis­ten. Ange­sichts der guten öko­no­mi­schen Lage, der güns­ti­gen Beschäf­ti­gungs­si­tua­ti­on und nicht zuletzt auf­grund der his­to­risch nied­ri­gen Ren­ten­bei­trags­sät­ze ste­hen als Ulti­ma Ratio Spiel­räu­me für einen mode­ra­ten Bei­trags­satz­an­stieg zur Ver­fü­gung – ohne dabei die Lohn­kos­ten in die Höhe trei­ben zu las­sen. Dies muss aber im Zusam­men­hang mit allen Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­te­men und den wirt­schafts­po­li­ti­schen Gege­ben­hei­ten beur­teilt werden.

Riester-Rente in bisheriger Form gescheitert

Die Auf­ga­be der Lebens­stan­dard­si­che­rung kommt seit dem ren­ten­po­li­ti­schen Para­dig­men­wech­sel von 2001 nicht mehr der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung allein zu, son­dern gesetz­li­cher Ren­te, betrieb­li­cher Alters­ver­sor­gung und Ries­ter-Ren­te gemein­sam – im soge­nann­ten Drei-Säu­len-Modell. Mit der Teil­pri­va­ti­sie­rung der Alters­si­che­rung soll­te sowohl ein lebens­stan­dard­si­chern­des Gesamt­ver­sor­gungs­ni­veau gewähr­leis­tet als auch eine Sta­bi­li­sie­rung der Bei­trags­sät­ze in der GRV ermög­licht wer­den. Nach bald ein­ein­halb Jahr­zehn­ten bleibt jedoch zu kon­sta­tie­ren, dass sich die dama­li­gen Prä­mis­sen ins­ge­samt als zu opti­mis­tisch erwie­sen haben und die rea­le Ent­wick­lung den Erwar­tun­gen nicht gerecht wer­den konn­te. Zwar wur­de die Sta­bi­li­sie­rung der Ren­ten­bei­trags­sät­ze weit­ge­hend erreicht. Trotz des Ren­ten­pa­ke­tes der Bun­des­re­gie­rung wer­den die Bei­trags­sät­ze die Pro­gno­sen der Rürup– Kom­mis­si­on bis 2030 deut­lich unter­schrei­ten. Dem zen­tra­len Siche­rungs­ziel, ein lebens­stan­dard­si­chern­des Gesamt­ver­sor­gungs­ni­veau, wird das Drei-Säu­len-Modell heu­te aller­dings ein­deu­tig nicht gerecht. Ins­be­son­de­re die Ries­ter-Ren­te ent­täuscht. Zu sel­ten wird sie in Anspruch genom­men, zu gering sind die Ren­di­ten, zu hoch die Kos­ten. Das durch die soge­nann­te Ries­ter-Trep­pe und den Nach­hal­tig­keits­fak­tor abge­senk­te und noch wei­ter absin­ken­de Ren­ten­ni­veau kann so, gera­de durch Gering­ver­die­nen­de, in der Regel nicht aus­ge­gli­chen wer­den. Die geför­der­te pri­va­te Alters­vor­sor­ge ist in ihrer bis­he­ri­gen Aus­ge­stal­tung somit geschei­tert. Vor die­sem Hin­ter­grund bedarf es, auch mit Blick auf die Grü­ne Mit­ver­ant­wor­tung, einer ehr­li­chen Pro­blem­ana­ly­se und ent­schie­de­ner Maß­nah­men, um das Alters­si­che­rungs­sys­tem wie­der auf eine sta­bi­le Grund­la­ge zu stel­len. Die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung wird dabei auch künf­tig die mit Abstand bedeu­tends­te Säu­le der Alters­si­che­rung blei­ben. In ihrer ergän­zen­den Funk­ti­on ist die betrieb­li­che Alters­ver­sor­gun grund­sätz­lich zu begrü­ßen. Da sie aller­dings vie­le Beschäf­tig­ten­grup­pen nicht erreicht, kann sie das Absin­ken des Ren­ten­ni­veaus nur begrenzt aus­glei­chen. Gera­de die bei­trags­freie Ent­gelt­um­wand­lung führt zu ver­tei­lungs­po­li­ti­schen Schief­la­gen, da sie die gesetz­li­che Ren­te schwächt. Sie ist daher abzu­schaf­fen. Die pri­va­te Alters­vor­sor­ge kann eine grund­sätz­lich sinn­vol­le Ergän­zung der gesetz­li­chen Ren­te zur Lebens­stan­dard­si­che­rung im Alter sein. Sie weist heut­zu­ta­ge aber erheb­li­che Schwä­chen auf. Wir wol­len die Ries­ter-Ren­te daher grund­le­gend refor­mie­ren und ein ein­fa­ches, kos­ten­güns­ti­ges und siche­res Basis­pro­dukt ein­füh­ren, das als öffent­lich ver­wal­te­tes Pro­dukt neben die bereits bestehen­den Vor­sor­ge­an­ge­bo­te tre­ten soll. Die öffent­li­che För­de­rung der pri­va­ten Alters­vor­sor­ge hat in der Ver­gan­gen­heit Fehl­al­lo­ka­tio­nen zulas­ten der Geringverdiener*innen nach sich gezo­gen. Strit­tig ist inner­halb der Kom­mis­si­on, ob vor die­sem Hin­ter­grund die öffent­li­che För­de­rung der pri­va­ten Alters­vor­sor­ge noch sinn­voll ist. Ein Teil der Kom­mis­si­ons­mit­glie­der ist der Auf­fas­sung, dass die öffent­li­che För­de­rung auf bereits abge­schlos­se­ne Ries­ter-Ver­trä­ge zu beschrän­ken ist. Die frei wer­den­den Steu­er­mit­tel sei­en dann zuguns­ten der Finan­zie­rung der wei­ter­ent­wi­ckel­ten Garan­tie­ren­te ein­zu­set­zen. Ein ande­rer Teil der Kom­mis­si­on spricht sich hin­ge­gen für eine Umstel­lung der Zula­gen­för­de­rung zuguns­ten von Gering­ver­die­nen­den aus. Dazu sei die Grund­zu­la­ge zu erhö­hen, ein Zuschlag für Men­schen im unte­ren Ein­kom­mens­be­reich ein­zu­füh­ren und im Gegen­zug die steu­er­li­che För­de­rung über den Son­der­aus­ga­ben­ab­zug zu streichen.

Säulenübergreifende Renteninformation

Ins­be­son­de­re für jün­ge­re Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ist die per­sön­li­che Alters­vor­sor­ge oft ein abs­trak­tes Zukunfts­the­ma. Und selbst für jene, die bald ins Ren­ten­al­ter kom­men, ist nur schwer nach­zu­voll­zie­hen, wie hoch die Ren­ten aus ers­ter, zwei­ter und drit­ter Säu­le ins­ge­samt aus­fal­len wer­den. Wir wol­len daher mit einer ein­fa­chen und digi­ta­len säu­len­über­grei­fen­den Ren­ten­in­for­ma­ti­on mehr Trans­pa­renz und Sen­si­bi­li­tät im Umgang mit der per­sön­li­chen Alters­vor­sor­ge schaffen.

Zusammengefasst – Wir wollen:

  • Die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung als zen­tra­le Säu­le der Alters­si­che­rung stärken.
  • Dass die Eck­rent­ne­rin bzw. der Eck­rent­ner auch über das Jahr 2025 hin­aus­min­des­tens eine Ren­te erhält, die 50 % ober­halb der Grund­si­che­rung im Alter liegt.
  • Die Grü­ne Garan­tie­ren­te einführen.
  • Die Ren­ten­ver­si­che­rung zur Bürger*innenversicherung weiterentwickeln.
  • Eine aus­rei­chen­de Finan­zie­rung der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung über meh­re­reWe­ge sicherstellen.
  • Die pri­va­te Alters­vor­sor­ge ins­be­son­de­re über die Ein­füh­rung eines kos­ten­güns­ti­gen­und ein­fa­chen Basis­pro­dukts neu aufstellen.
  • Eine säu­len­über­grei­fen­de Ren­ten­in­for­ma­ti­on einführen.

Jede Bür­ge­rin und jeder Bür­ger soll nach dem Vor­bild Schwe­dens jähr­lich eine Ren­ten­in­for­ma­ti­on erhal­ten und auch online ein­se­hen kön­nen, wie hoch die zu erwar­ten­den Ren­ten aus allen Säu­len aus­fal­len werden.

III. Eigenständige Alterssicherung für Frauen

Die Ren­ten­lü­cke zwi­schen Frau­en und Män­nern ist gewal­tig. Bei den heu­ti­gen Rent­ne­rin­nen und Rent­nern liegt sie bei rund 60 Pro­zent. Hier­bei gibt es je nach Alters­si­che­rungs­säu­le gro­ße Unter­schie­de. So haben Män­ner der heu­ti­gen Rentner*innengeneration eine um 57 Pro­zent höhe­re gesetz­li­che Ren­te als Frau­en. Bei den pri­va­ten Lebens­ver­si­che­run­gen sind es 70 Pro­zent und bei der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung sogar 79 Pro­zent. Die geschlechts­spe­zi­fi­sche Ren­ten­lü­cke ist in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten zwar klei­ner gewor­den. Wür­de es in die­sem Tem­po wei­ter­ge­hen, dürf­te es jedoch noch ein­mal sieb­zig Jah­re dau­ern, bis die Lücke geschlos­sen ist. So viel Zeit haben wir nicht.

Die Ver­rin­ge­rung bzw. Schlie­ßung der Ren­ten­lü­cke ist aber nicht nur Selbst­zweck. Zwar ist die Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on der heu­ti­gen Rent­ne­rin­nen im Haus­halts­kon­text ver­gleichs­wei­se gut, doch ist Alters­ar­mut schon heu­te vor allem ein Pro­blem für Frau­en. Immer weni­ger Frau­en kön­nen bzw. wol­len sich zudem auf die Ver­sor­gung durch ihre Ehe­män­ner ver­las­sen. Folg­lich wird es für Frau­en künf­tig immer wich­ti­ger, eine eigen­stän­di­ge und armuts­fes­te Alters­si­che­rung auf­zu­bau­en. Dies gilt ganz beson­ders vor dem Hin­ter­grund, dass die Bedeu­tung der Ehe zuguns­ten viel­fäl­ti­ger For­men des Zusam­men­le­bens abnimmt. Hier­bei lohnt ein genau­er Blick auf die Grün­de für die unter­schied­lich hohen Ren­ten zwi­schen Män­nern und Frau­en. Grund­sätz­lich spie­geln die Ren­ten die Ein­kom­mens­po­si­ti­on des Erwerbs­le­bens wider. Wer viel und lan­ge ver­dient, erhält eine höhe­re Ren­te. Hier erweist es sich als fatal, dass fami­li­en­be­ding­te Erwerbs­un­ter­bre­chun­gen vor allem Frau­en­sa­che waren (und über­wie­gend heu­te noch sind). Aller­dings gibt es gro­ße Unter­schie­de zwi­schen den neu­en und den alten Bun­des­län­dern. Wäh­rend es in den alten Bun­des­län­dern mehr­heit­lich üblich war, dass Frau­en nach der Geburt eines Kin­des meh­re­re Jah­re zu Hau­se blie­ben, ent­schie­den sich die aller­meis­ten Frau­en in den neu­en Bun­des­län­dern für eine Voll­zeit­be­schäf­ti­gung bzw. einen frü­hen Wie­der­ein­stieg ins Berufs­le­ben. So blie­ben Frau­en im Wes­ten durch­schnitt­lich über neun Jah­re zu Hau­se, im Osten hin­ge­gen knapp drei. Das hat ent­spre­chen­de Kon­se­quen­zen für ihre Ren­ten. Wäh­rend die Lücke bei den gesetz­li­chen Ren­ten in den neu­en Bun­des­län­dern bei „nur“ 35 Pro­zent liegt, haben die Frau­en in den alten Län­dern eine um 61 Pro­zent gerin­ge­re Ren­te als Män­ner. Deutsch­land­weit nimmt die gesetz­li­che Ren­te für Frau­en einen grö­ße­ren Stel­len­wert als für Män­ner ein, da Frau­en nicht in glei­cher Wei­se pri­vat bzw. betrieb­lich vor­sor­gen konn­ten. Die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung sieht zwar eine Viel­zahl an fami­li­en­po­li­ti­schen Leis­tun­gen vor, um Erwerbs­un­ter­bre­chun­gen bzw. die Ver­rin­ge­rung von Arbeits­zeit auf Grund von Für­sor­ge­ar­beit anzu­er­ken­nen und teil­wei­se aus­zu­glei­chen. Exem­pla­risch sind hier die Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten (soge­nann­te Müt­ter­ren­te), Kin­der­be­rück­sich­ti­gungs­zei­ten, die Ren­te nach Min­dest­ent­gelt­punk­ten für Zei­ten vor 1992 oder die Pfle­ge­zei­ten zu nen­nen. Die­se Leis­tun­gen sind wich­tig für die Alters­si­che­rung von Frau­en und sor­gen zumin­dest in den neu­en Bun­des­län­dern für eine ech­te Kom­pen­sa­ti­on gegen­über kin­der­lo­sen Frau­en. Doch auch die­se in der Sum­me hohen Leis­tun­gen (allein ein Ent­gelt­punkt bei der sog. Müt­ter­ren­te kos­tet 6,7 Mrd. Euro im Jahr) ver­mö­gen es nicht annä­hernd, die gerin­ge­re Betei­li­gung von Frau­en am Arbeits­markt auszugleichen.

War­um sich das Phä­no­men der geschlechts­spe­zi­fi­schen Ren­ten­lü­cke so beharr­lich hält, zeig ein Blick auf die heu­te Erwerbs­tä­ti­gen. Zwar hat der Anteil der Frau­en an den Beschäf­tig­ten über die Jah­re ste­tig zuge­nom­men, das Arbeits­vo­lu­men ist aber fast gleich geblie­ben. Obwohl sich immer mehr Män­ner an der Für­sor­ge­ar­beit betei­li­gen, sind die tra­di­tio­nel­len Erwerbs- und Arbeits­zeit­mus­ter auch heu­te noch weit ver­brei­tet. Dies zeigt sich vor allem in Fami­li­en­pha­sen, in denen Paa­re sich regel­mä­ßig für das „Zuver­die­n­er­mo­dell“ mit voll­zeit­be­schäf­tig­tem Mann und teil­zeit­be­schäf­tig­ter Frau entscheiden.

Erwerbsbeteiligung von Frauen erleichtern und verbessern

Um nach­hal­tig zu wir­ken, muss eine Stra­te­gie gegen die Ren­ten­lü­cke daher zual­ler­erst die Benach­tei­li­gun­gen am Arbeits­markt besei­ti­gen sowie die bes­se­re Ver­ein­bar­keit von Fami­li­en- und Erwerbs­ar­beit ermög­li­chen. Dies betrifft den Aus­bau von Kin­der­be­treu­ungs– und Bil­dungs­in­fra­struk­tur, die Ein­füh­rung einer ech­ten Pfle­ge­zeit, eine ande­re Arbeits­kul­tur in den Unter­neh­men, das Recht auf Teil­zeit sowie das Rück­kehr­recht auf den frü­he­ren Stun­den­um­fang, eine Reform der Mini­jobs, glei­cher Lohn für glei­che und gleich­wer­ti­ge Arbeit sowie die Abschaf­fung steu­er­li­cher und sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­cher Nega­tiv­an­rei­ze und die Ein­füh­rung eines obli­ga­to­ri­schen Ren­ten­split­tings. Nur so wer­den die Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen, um dem mehr­heit­li­chen Wunsch von Fami­li­en nach einer stär­ke­ren part­ner­schaft­li­chen Auf­tei­lung der Für­sor­ge­auf­ga­ben nach­zu­kom­men. Im beson­de­ren Fokus müs­sen dar­über hin­aus Allein­er­zie­hen­de ste­hen. Sie sind noch viel zu häu­fig von Arbeits­lo­sig­keit betrof­fen und haben ent­spre­chend weni­ger Chan­cen, Ren­ten­an­wart­schaf­ten auf­zu­bau­en. Als beson­ders pro­ble­ma­tisch erweist sich, dass für Bezie­he­rin­nen und Bezie­her von Arbeits­lo­sen­geld II kei­ne Ren­ten­bei­trä­ge mehr gezahlt werden.

Gleichberechtigung über das Rentenrecht fördern

Doch auch das Ren­ten­recht kann im Sin­ne der Gleich­be­rech­ti­gung zwi­schen Män­nern und Frau­en wei­ter­ent­wi­ckelt wer­den. Da Frau­en über­durch­schnitt­lich häu­fig aus­schließ­lich auf Leis­tun­gen der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ange­wie­sen sind, kommt eine Sta­bi­li­sie­rung des Ren­ten­ni­veaus gera­de ihnen zugu­te. Hier­von pro­fi­tie­ren nicht nur künf­ti­ge, son­dern eben­so die jet­zi­gen Rent­ne­rin­nen. Auch von der Grü­nen Garan­tie­ren­te zur Ver­hin­de­rung von Alters­ar­mut pro­fi­tie­ren vor allem Frau­en. Zudem wol­len wir künf­tig sicher­stel­len, dass Paa­re ihre Anwart­schaf­ten in der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung tei­len, unab­hän­gig davon, wie die Erwerbs- und Für­sor­ge­ar­beit unter­ein­an­der auf­ge­teilt wird. Das ist für uns Aus­druck einer ehe­li­chen bzw. lebens­part­ner­schaft­li­chen Ein­stands­ge­mein­schaft und sorgt dafür, dass ins­be­son­de­re Frau­en bei der Höhe ihrer Ren­ten nicht benach­tei­ligt wer­den. Eine Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung wäre auch bei einem solch obli­ga­to­ri­schen Split­ting der Ein­zah­lun­gen in die Ren­ten­ver­si­che­rung gewähr­leis­tet, sodass es zu kei­nen Ver­schlech­te­run­gen gegen­über dem Sta­tus quo kommt. Auch eine bes­se­re Berück­sich­ti­gung von Pfle­ge­zei­ten bei der Ren­te kommt vor allem Frau­en zugu­te, da sie einen Groß­teil die­ser Arbeit ver­rich­ten. Ein sol­cher Schritt wäre aber auch ein Signal an Män­ner, dass sich die Redu­zie­rung der Erwerbs­ar­beit nicht nega­tiv auf ihre Ren­te aus­wir­ken muss. Nach unse­rer Vor­stel­lung soll­ten in Zukunft zudem bei­de Eltern­tei­le gleich­zei­tig von der Höher­be­wer­tung ihrer Ein­kom­men pro­fi­tie­ren, wenn sie ihre Arbeits­zeit auf Grund der Kin­der­er­zie­hung redu­zie­ren. Bis­her kann das immer nur eine Per­son, im Regel­fall die Mut­ter. Unser Vor­schlag wäre ein Signal der Aner­ken­nung einer part­ner­schaft­li­chen Auf­tei­lung von Für­sor­ge­ar­beit. Auch wenn die Ren­ten­lü­cke bei den heu­ti­gen Rent­ne­rin­nen und Rent­nern nicht zwangs­läu­fig mit einer pre­kä­ren Ein­kom­mens­si­tua­ti­on gleich­zu­set­zen ist, bleibt die unter­schied­li­che Aner­ken­nung von Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten für vor und nach 1992 gebo­re­ne Kin­der ein unge­lös­tes Gerechtigkeitsproblem.

Zusammengefasst – Wir wollen:

  • Den Gen­der Pen­si­on Gap – die geschlechts­spe­zi­fi­sche Ren­ten­lü­cke – minimieren.
  • Benach­tei­li­gun­gen am Arbeits­markt auf­lö­sen und eine bes­se­re Ver­ein­bar­keit von­Fa­mi­lie und Beruf ermöglichen.
  • Die Gleich­be­rech­ti­gung von Frau­en und Män­nern über das Ren­ten­recht fördern,etwa über ein obli­ga­to­ri­sches Ren­ten­split­ting, eine bes­se­re Berück­sich­ti­gung von Pfle­ge­zei­ten und eine Neu­re­ge­lung der Aner­ken­nung von Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten, die bei­den Eltern­tei­len zugutekommt.

Vor dem Hin­ter­grund der ver­gleichs­wei­se guten Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on der heu­ti­gen Rent­ne­rin­nen kon­zen­trie­ren wir uns aber auf ande­re Maß­nah­men zum Auf­bau eigen­stän­di­ger Alters­si­che­rungs­an­sprü­che sowie zur Ver­mei­dung von Altersarmut.

IV. Flexible Rentenübergänge: Selbstbestimmung ermöglichen

Grund­sätz­lich soll­te jede Per­son selbst ent­schei­den kön­nen, wann und wie sie in den  Ruhe­stand wech­selt. Zwar hal­ten wir am stu­fen­wei­sen Anstieg der Regel­al­ters­gren­ze auf 67 Jah­re fest. Aller­dings soll die­se nach unse­rer Vor­stel­lung kei­ne star­re Gren­ze mehr sein.

Denn die Bedürf­nis­se der Beschäf­tig­ten unter­schei­den sich: Man­che Men­schen wol­len mit 60 ihre Arbeits­zeit redu­zie­ren, ande­re bevor­zu­gen den stu­fen­lo­sen Wech­sel in die Alters­ren­te und wie­der ande­re wol­len auch über die Regel­al­ters­gren­ze hin­aus noch voll im Erwerbs­le­ben ste­hen. Grü­ne Poli­tik hat zum Ziel, die­sen Wün­schen gerecht zu wer­den,  indem wir bestehen­de Hin­der­nis­se auf dem Weg zu mehr Fle­xi­bi­li­tät besei­ti­gen. Per­so­nen mit gesund­heit­li­chen Ein­schrän­kun­gen und Gering­ver­die­nern kann die­se Wahl­frei­heit ver­sagt sein.

Für eine echte Altersteilzeit

Der mit Abstand größ­te Teil der Beschäf­tig­ten wünscht sich eine kla­re Gren­ze zwi­schen Erwerbs­le­ben und Ruhe­stand. Dies zeigt sich etwa beim gro­ßen Erfolg des soge­nann­ten Block­mo­dells, wonach Beschäf­tig­te in der ers­ten Hälf­te der Alters­teil­zeit in Voll­zeit arbei­ten, um dann in der zwei­ten Hälf­te frei­ge­stellt zu wer­den. Eine ech­te Alters­teil­zeit wird nur von einer klei­nen Min­der­heit der Beschäf­tig­ten in Anspruch genom­men. Auch die gerin­ge Inan­spruch­nah­me der Teil­ren­te ist ein Indiz für den Wunsch vie­ler Beschäf­tig­ter nach einem klar defi­nier­ten Ende der Erwerbs­ar­beit. Gleich­wohl hat das Bedürf­nis von Beschäf­tig­ten, im Alter ihre Arbeits­zeit zu redu­zie­ren, in den letz­ten Jah­ren zuge­nom­men. So gibt es immer mehr Per­so­nen, die sich eine ech­te Alters­teil­zeit wün­schen. Unse­res Erach­tens gibt es aber zwei wesent­li­che Hin­der­nis­se, die es den Beschäf­tig­ten erschwe­ren, sich für den glei­ten­den Über­gang zu ent­schei­den. Vie­le Beschäf­tig­te wün­schen sich zum einen eine Alters­teil­zeit schon deut­lich vor dem 63. Lebens­jahr. Nach heu­ti­gem Recht ist ein durch die ver­rin­ger­te Arbeits­zeit erfor­der­li­cher Lohn­aus­gleich durch eine Teil­ren­te aber erst ab die­sem Zeit­punkt mög­lich. Wir hal­ten es daher für gerecht­fer­tigt, die Mög­lich­keit zum Bezug einer Alters(teil-)Rente mit ent­spre­chen­den Abschlä­gen bereits ab dem 60. Lebens­jahr zu eröff­nen. Uns ist aller­dings bewusst, dass die­se Vari­an­te mit Abschlags­hö­hen von bis zu 25 Pro­zent nur für sol­che Per­so­nen inter­es­sant ist, die es sich leis­ten kön­nen. Umso wich­ti­ger erscheint es uns zum ande­ren die intrans­pa­ren­ten Hin­zu­ver­dienst­re­ge­lun­gen bei der Teil­ren­te durch eine ein­fa­che Rege­lung zu erset­zen. Vor­stell­bar sind dabei meh­re­re Lösungs­an­sät­ze: So lie­ße sich, ers­tens, der Zuver­dienst nur dann anrech­nen, wenn die Sum­me aus Zuver­dienst und Teil­ren­te das vor­he­ri­ge Ein­kom­men über­schrei­tet. Zwei­tens ist eine Rege­lung denk­bar, nach der künf­tig unbe­grenzt hin­zu­ver­dient wer­den darf. Schließ­lich könn­te sich der Zuver­dienst nicht mehr nach dem indi­vi­du­el­len Ein­kom­men rich­ten, son­dern nach der Höchststundenzahl.

Arbeiten nach dem Ruhestand muss sich lohnen

Für all die Per­so­nen, die sich wün­schen, auch über die Regel­al­ters­gren­ze hin­aus zu arbei­ten, gibt es schon heu­te die Mög­lich­keit, in Abspra­che mit dem oder der Arbeit­ge­be­rin den Arbeits­ver­trag zu ver­län­gern. Dies kann sogar mehr­fach gesche­hen. Jeder wei­te­re Monat  bringt zudem einen Zuschlag auf die Alters­ren­te in Höhe von 0,5 Pro­zent. Wir sind der Auf­fas­sung, dass die­se Mög­lich­keit der Wei­ter­be­schäf­ti­gung für Beschäf­tig­te so attrak­tiv ist, dass es kei­ner wei­te­ren Anrei­ze bedarf. Anders sieht es für die Fäl­le aus, in denen Rentner*innen nach Ein­tritt in den Ruhe­stand doch noch ein­mal am Erwerbs­le­ben teil­neh­men möch­ten. Dann näm­lich zah­len Arbeit­ge­ber zwar Ren­ten­bei­trä­ge für ihre beschäf­tig­ten Rentner*innen. Die­se Bei­trä­ge erhö­hen aber nicht die Ren­ten­zah­lun­gen. Das ist nicht nach­voll­zieh­bar und muss geän­dert wer­den. Künf­tig müs­sen den Bei­trä­gen an die Ren­ten­kas­se auch Leis­tun­gen gegen­über ste­hen und Rentner*innen sol­len selbst ent­schei­den, ob sie neben den Arbeit­ge­ber­bei­trä­gen ihrer­seits frei­wil­li­ge Bei­trä­ge ent­rich­ten. Einen kom­plet­ten Ver­zicht auf die Bei­trä­ge zur Ren­ten- und Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung indes leh­nen wir ab. Dies wür­de zu Ungleich­be­hand­lun­gen und Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen auf dem Arbeits­markt füh­ren. Dies gilt auch für Vor­schlä­ge, neue Befris­tungs­mög­lich­kei­ten für Rentner*innen zu schaf­fen. Hier­für besteht auch fak­tisch kein Anlass. Denn schon heu­te kön­nen Rentner*innen bei pro­jekt­be­ding­tem per­so­nel­lem Mehr­be­darf befris­tet ein­ge­stellt werden.

Gesundheit in den Mittelpunkt

Der Ent­schei­dungs­frei­heit, wann und wie jemand in den Ruhe­stand wech­selt, kön­nen auch gesund­heit­li­che Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Denn wer etwa auf Grund einer psy­chi­schen Belas­tung oder einer kör­per­li­chen Ein­schrän­kung gezwun­gen ist, sei­nen Job auf­zu­ge­ben, hat die Art des Ren­ten­über­gangs nur noch bedingt selbst in der Hand. In der Fol­ge dro­hen mög­li­cher­wei­se Arbeits­lo­sig­keit, Erwerbs­un­fä­hig­keit bzw. der mit Abschlä­gen behaf­te­te vor­zei­ti­ge Ren­ten­be­zug. Um sol­che Situa­tio­nen im Vor­hin­ein zu ver­hin­dern, bedarf es umfas­sen­der Maß­nah­men im Bereich des Arbeits­schut­zes, der betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung, der Reha­bi­li­ta­ti­on sowie breit ange­leg­ter Wei­ter­bil­dungs- und Umschu­lungs­maß­nah­men für älte­re Beschäf­tig­te. Wer trotz alle­dem gesund­heit­lich nicht mehr in der Lage ist, voll oder auch nur teil­wei­se zu arbei­ten, hat zwar Anspruch auf eine Erwerbs­min­de­rungs­ren­te. Die­se schützt auf Grund ihrer gerin­gen Höhe jedoch in vie­len Fäl­len nicht vor Ein­kom­mens­ar­mut. Schuld dar­an sind vor allem die Abschlä­ge, von denen fast alle neu­en Erwerbs­min­de­rungs­rent­ne­rin­nen und ‑rent­ner betrof­fen sind. Nach unse­rer Auf­fas­sung sind die Abschlä­ge bei den Erwerbs­min­de­rungs­ren­ten sys­tem­wid­rig, sol­len Abschlä­ge doch einen frei­wil­li­gen vor­zei­ti­gen Ren­ten­ein­tritt unat­trak­tiv machen. Eben solch eine frei­wil­li­ge Ent­schei­dung für eine vol­le Erwerbs­min­de­rungs­ren­te gibt es aber nicht. Daher wol­len wir die Abschlä­ge bei der Erwerbs­min­de­rungs­ren­te abschaf­fen, sofern rein gesund­heit­li­che Grün­de für deren Inan­spruch­nah­me vorliegen.

Unterstützung für besonders belastete Beschäftigte

Dar­über hin­aus gibt es eine Grup­pe von Beschäf­tig­ten, die trotz gesund­heit­li­cher Ein­schrän­kun­gen kei­nen Anspruch auf eine Erwerbs­min­de­rungs­ren­te hat und ihren Beruf nicht mehr in der alt­her­ge­brach­ten Form aus­üben kann. Für die­se beson­ders belas­te­ten Beschäf­tig­ten benö­ti­gen wir eine geson­der­te Unter­stüt­zung, weil auch sie sich ihren Gesund­heits­zu­stand nicht sel­ber aus­ge­sucht haben. Hier wäre ein Aus­gleich von Abschlä­gen denk­bar, wenn neben einer Teil­zeit­tä­tig­keit eine Teil­ren­te in Anspruch genom­men wür­de. Die Finan­zie­rung könn­te steu­er­lich, durch das Ver­si­cher­ten­kol­lek­tiv oder einer Kom­bi­na­ti­on die­ser bei­den erfol­gen. Die Idee eines bran­chen­be­zo­ge­nes Modells für beson­ders belas­te­te Beschäf­tig­te erscheint auf Grund von Abgren­zungs­pro­ble­men wenig praktikabel.

Lösungen für Menschen mit Behinderungen und Langzeitarbeitslose

Zwei Grup­pen von Beschäf­tig­ten wird in beson­de­rem Maße die Ent­schei­dung für einen selbst­be­stimm­ten Ren­ten­über­gang erschwert: Men­schen mit Behin­de­run­gen und Lang­zeit­ar­beits­lo­sen. Wäh­rend bei ers­te­ren trotz schlech­ter Beschäf­ti­gungs­si­tua­ti­on die Regel­al­ters­gren­ze von 63 auf 65 ange­ho­ben wur­de, kön­nen letz­te­re unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch gegen ihren Wil­len in die Ren­te gezwun­gen wer­den. Bei­de Rege­lun­gen wider­spre­chen unse­rem Ver­ständ­nis von fle­xi­blen Ren­ten­über­gän­gen. Daher wol­len wir die Anhe­bung der Regel­al­ters­gren­ze für schwer­be­hin­der­te Men­schen rück­gän­gig machen sowie den Zwang zur Ver­ren­tung von Lang­zeit­ar­beits­lo­sen abschaffen.

Rückkauf von Abschlägen erleichtern

Wann und wie jemand aus dem Arbeits­le­ben schei­det, ist auch eine Fra­ge des Gel­des. Gera­de Geringverdiener*innen ohne wei­te­res Ein­kom­men oder Ver­mö­gen wer­den sich drei­mal über­le­gen, ob sie ihre Alters­ren­te vor­zei­tig in Anspruch neh­men. Dies gilt ins­be­son­de­re für Frau­en, da sie in der Regel über gerin­ge­re Ren­ten­an­sprü­che als Män­ner  ver­fü­gen. Zwar besteht schon heu­te die Mög­lich­keit, der­ar­ti­ge Ren­ten­min­de­run­gen durch  die Zah­lung von Bei­trä­gen aus­zu­glei­chen. Dies ist aller­dings erst unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ab dem 55. Lebens­jahr mög­lich und wird in der Pra­xis bis­her kaum genutzt. Um mög­li­che Abschlä­ge im Alter schon früh aus­zu­glei­chen, wäre eine Erleich­te­rung des Rück­kaufs durch zusätz­li­che frei­wil­li­ge Bei­trä­ge wünschenswert.

Zusammengefasst – Wir wollen:

  • Selbst­be­stim­mung vor und nach dem Renteneintrittsalter.
  • Eine ech­te Alters­teil­zeit durch eine attrak­ti­ve­re Teil­ren­te und ein­fa­che­re­Hin­zu­ver­dienst­re­geln ermöglichen.
  • Lösun­gen für Men­schen mit Behin­de­run­gen und Langzeitarbeitslose.
  • Sicher­stel­len, dass den Bei­trags­zah­lun­gen von arbei­ten­den Rent­ne­rin­nen und­Rent­nern auch Ren­ten­leis­tun­gen gegenüberstehen.
  • Die Gesund­heits­för­de­rung stär­ken und Abschlä­ge bei der Erwerbsminderungsrente,die allein aus gesund­heit­li­chen Grün­den erfol­gen, abschaffen.
  • Beson­ders belas­te­ten Beschäf­tig­ten die Inan­spruch­nah­me einer Teil­ren­te erleichtern,indem die dabei anfal­len­den Abschlä­ge aus­ge­gli­chen werden.
  • Die Mög­lich­keit des Rück­kaufs von Abschlä­gen erleichtern.

V. Neue Wege in der Alterssicherung

Das Alters­si­che­rungs­sys­tem in Deutsch­land steht vor viel­fäl­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen. Ein sin­ken­des Ren­ten­ni­veau, Lücken im Erwerbs­ver­lauf sowie nied­ri­ge Ein­kom­men füh­ren abseh­bar zu einer erhöh­ten Armuts­ge­fähr­dung im Alter. Zwar ist der Anteil von Frau­en und Män­nern im Bezug von Grund­si­che­rung im Alter im Ver­gleich zu ande­ren Grup­pen noch  gering. Die Ent­wick­lung des Grund­si­che­rungs­be­zugs in den letz­ten zehn Jah­ren zeigt jedoch, dass ein rasan­ter Anstieg zu ver­zeich­nen und abseh­bar zu erwar­ten ist. Denn bereits beim  heu­ti­gen Ren­ten­ni­veau muss man über 45 Jah­re ohne Unter­bre­chung monat­lich 1800 Euro  brut­to oder knapp 11,50 Euro pro Stun­de ver­die­nen, um im Alter nicht auf Sozi­al­hil­fe  ange­wie­sen zu sein. Sinkt das Ren­ten­ni­veau wei­ter, wür­den schon Ende der 2020-Jah­re 30 Ent­gelt­punk­te nicht mehr aus­rei­chen, um einen Sozi­al­hil­fe­be­zug zu ver­mei­den. Betrof­fen von mög­li­cher Alters­ar­mut sind vor allem sol­che Per­so­nen­grup­pen, die heu­te nicht bzw. nur unzu­rei­chend für das Alter abge­si­chert sind, wie vie­le Selb­stän­di­ge, Lang­zeit­ar­beits­lo­se oder soge­nann­te Mini­job­ber. Men­schen mit klei­nen Jobs und Ein­kom­men sind beson­ders gefähr­det, weil sie wäh­rend des Erwerbs­le­bens nicht genü­gend Ren­ten­punk­te sam­meln  kön­nen. Der Ver­gleich mit den ande­ren euro­päi­schen Län­dern zeigt, dass die Lohn­er­satz­ra­te  ins­be­son­de­re im unte­ren Ein­kom­mens­be­reich nied­rig aus­fällt. Hin­zu kommt, dass Per­so­nen mit klei­nen Ein­kom­men durch­schnitt­lich eine kür­ze­re Ren­ten­be­zugs­dau­er auf­wei­sen als  Per­so­nen mit hohen Ein­kom­men. Pro­ble­ma­tisch ist fer­ner, dass trotz einer refor­mier­ten  Grund­si­che­rung noch immer zu vie­le Per­so­nen die ihnen zuste­hen­de Unter­stüt­zung nicht in Anspruch neh­men. Das Pro­blem der soge­nann­ten ver­deck­ten Armut bleibt inso­fern akut. Nicht zuletzt steht das Alters­si­che­rungs­sys­tem auch vor demo­gra­phi­schen und finan­zi­el­len Her­aus­for­de­run­gen. Denn wenn aus gebur­ten­star­ken Jahr­gän­gen künf­tig  Ren­ten­emp­fän­ge­rin­nen und ‑emp­fän­ger wer­den und gleich­zei­tig die Zahl der  Bei­trags­zah­le­rin­nen und ‑zah­ler sinkt, gerät das Umla­ge­sys­tem unter Druck. Glei­ches gilt für die kapi­tal­ge­deck­ten Sys­te­me aus betrieb­li­cher und pri­va­ter Alters­vor­sor­ge. In Zei­ten von  lang anhal­ten­den Nied­rig­zin­sen stößt auch die­se ver­meint­lich alter­na­tiv­lo­se Ergän­zung zur gesetz­li­chen Ren­te an ihre Grenzen.

Ein „Weiter so“ ist keine Option – unsere gemeinsame Leitidee

Wir sind uns einig dar­in, dass wir die viel­fäl­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen in der Alters­si­che­rung  nur mit einer gemein­sa­men Leit­idee bewäl­ti­gen kön­nen. Hier­bei spre­chen wir uns klar gegen  ein „Wei­ter so“ der bis­he­ri­gen Alters­si­che­rungs­po­li­tik aus und for­dern ein Ehr­lich­ma­chen über die lang­fris­ti­gen Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ven auch über das Jahr 2030 hin­aus. Was wir benö­ti­gen, ist der Mut, sich neben tages­po­li­ti­schen Ereig­nis­sen auch neu­en Wegen in der Alters­si­che­rung zu öff­nen. Dies gilt etwa für unse­re Vor­stel­lung, wonach mit­tel­fris­tig alle Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in einem gemein­sa­men Alters­si­che­rungs­sys­tem ver­si­chert sein  sol­len. Dabei müs­sen wirk­lich alle, also auch Beam­tin­nen und Beam­te, Selb­stän­di­ge und  Abge­ord­ne­te auf alle Ein­kom­mens­ar­ten unab­hän­gig vom Erwerbs­sta­tus in die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung ein­zah­len. In einem ers­ten Schritt sehen wir den Ein­be­zug für die nicht ander­wei­tig abge­si­cher­ten Selb­stän­di­gen vor, ohne sie dabei finan­zi­ell zu über­for­dern. Nach unse­ren Vor­stel­lun­gen muss gewährt sein, dass die gesetz­li­che Ren­te auch in Zukunft  Armut im Alter ver­hin­dert und die Auf­recht­erhal­tung des Lebens­stan­dards jen­seits der Armuts­gren­ze ermög­licht. Die­se bei­den Leis­tungs­funk­tio­nen sind zen­tral für die Akzep­tanz und das Ver­trau­en in die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung und dür­fen daher nicht in Fra­ge  gestellt wer­den. Denn nur, wenn die­se Funk­tio­nen glei­cher­ma­ßen garan­tiert sind, loh­nen  sich eige­ne Ren­ten­bei­trä­ge, weil kei­ne Ver­rech­nung mit Grund­si­che­rungs­leis­tun­gen droht.  Dabei benö­ti­gen wir auch künf­tig ein funk­tio­nie­ren­des Sys­tem der ergän­zen­den Vor­sor­ge,  um den indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­sen nach umfas­sen­der Alters­vor­sor­ge gerecht zu wer­den. Wir  sind der Über­zeu­gung, dass die Gleich­stel­lung von Män­nern und Frau­en auch im  Ren­ten­recht nach­voll­zo­gen wer­den muss. Gerin­ge­re Erwerbs­be­tei­li­gung auf Grund von  Kin­der­er­zie­hung oder Pfle­ge soll des­halb inner­halb einer Ehe oder Lebens­part­ner­schaft stär­ker als heu­te kom­pen­siert wer­den. Auch beim Über­gang in die Ren­te sehen wir  Hand­lungs­be­darf. Künf­tig soll­ten die Ver­si­cher­ten in die Lage ver­setzt wer­den, selbst zu ent­schei­den, wie und wann sie in den Ruhe­stand gehen. Wir wol­len die Leis­tungs­funk­tio­nen der Armuts­ver­mei­dung und Lebens­stand­si­che­rung in der  Ren­ten­ver­si­che­rung glei­cher­ma­ßen stär­ken. Men­schen, die den größ­ten Teil ihres Lebens gear­bei­tet, Kin­der erzo­gen, ande­re Men­schen gepflegt oder sons­ti­ge Anwart­schaf­ten in der  Ren­ten­ver­si­che­rung erwor­ben haben, sol­len daher im Alter eine Ren­te bezie­hen, die  ober­halb der Grund­si­che­rung liegt – ohne Bedürf­tig­keits­prü­fung und ohne Anrech­nung wei­te­rer Erspar­nis­se. Wir hal­ten hier­zu an dem Kon­zept einer dyna­mi­schen Alters­ren­te fest  und kon­zen­trie­ren uns auf eine star­ke I. Säu­le der Alters­si­che­rung mit sta­bi­li­sier­tem  Ren­ten­ni­veau sowie auf eine mög­lichst brei­te Inan­spruch­nah­me zusätz­li­cher Vor­sor­ge über die II. und III. Säule.

Weiterentwicklung der Grünen Garantierente

Grund­sätz­lich sol­len sich die Bei­trä­ge zur Ren­te loh­nen. Dies geht nur, wenn sie zu einer  Ren­te ober­halb der Grund­si­che­rung füh­ren. Für lang­jäh­rig Ver­si­cher­te sehen wir daher die Ein­füh­rung einer steu­er­fi­nan­zier­ten Garan­tie­ren­te vor, die gerin­ge Anwart­schaf­ten auf ein  Min­dest­ni­veau auf­wer­tet und so die Soli­da­ri­tät inner­halb der gesetz­li­chen  Ren­ten­ver­si­che­rung stärkt.  Die Garan­tie­ren­te ist eine Ren­te inner­halb der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung. Sie soll  ohne Bedürf­tig­keits­prü­fung aus­ge­zahlt wer­den, das heißt betrieb­li­che und pri­va­te  Alters­vor­sor­ge wer­den auf die Garan­tie­ren­te nicht ange­rech­net. So errei­chen wir, dass sich betrieb­li­che und pri­va­te Alters­vor­sor­ge auch für Men­schen mit nied­ri­gen Ein­kom­men stär­ker loh­nen wür­de als nach bis­he­ri­ger Beschluss­la­ge von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, die einen Frei­be­trag von ledig­lich 20 Pro­zent vor­sieht. Strit­tig ist inner­halb der Ren­ten­kom­mis­si­on, ob die erwor­be­nen Ent­gelt­punk­te (z.B. durch  Erwerbs­ar­beit oder Kin­der­er­zie­hung) im Rah­men der Garan­tie­ren­te ab einer zu  defi­nie­ren­den Schwel­le antei­lig zu einer höhe­ren Ren­te füh­ren sol­len. Damit könn­te ein  Ren­ten­an­spruch erreicht wer­den, der etwas über das Min­dest­ni­veau von 30 Ent­gelt­punk­te hinausgeht.

Ein Teil der Kom­mis­si­on ist der Auf­fas­sung, dass, wie bei allen ande­ren Rentner*innen auch,  höhe­re Bei­trä­ge in die Ren­ten­ver­si­che­rung zu einer höhe­ren Ren­te füh­ren sol­len. Damit sol­le erreicht wer­den, dass sich zusätz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge loh­nen und mög­li­che Fehl­an­rei­ze gegen die Auf­nah­me einer sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Beschäf­ti­gung  ver­mie­den werden.

Ein ande­rer Teil der Kom­mis­si­on spricht sich dafür aus, bei der Fort­ent­wick­lung der Garan­tie­ren­te nicht über die Anrech­nungs­frei­heit pri­va­ter und betrieb­li­cher Alters­vor­sor­ge hin­aus­zu­ge­hen. Auf die­sem Weg sol­le die Garan­tie­ren­te einer­seits erwei­tert und ande­rer­seits in ihrer bis­he­ri­gen Logik als ziel­ge­nau­er Schutz vor Alters­ar­mut und dem Bezug von Grund­si­che­rung erhal­ten blei­ben. Da Bei­trä­ge zur Garan­tie­ren­te ohne­hin zu antei­lig  höhe­ren Ansprü­chen füh­ren wür­den als bei allen ande­ren Rent­ne­rin­nen und Rent­nern, soll­te das Äqui­va­lenz­prin­zip nicht über die Auf­sto­ckung auf 30 Ent­gelt­punk­te hin­aus aus­ge­wei­tet werden.

  •  Eine Stär­kung von vor­ge­la­ger­ten Sys­te­men (Ren­te, Wohn­geld) soll eben­so wie Bemühungen
  •  um ste­te Erwerbs­bio­gra­phien sowie eine Erhö­hung der Erwerbs­be­tei­li­gung sowie eine
  •   Schlie­ßung der Ver­si­che­rungs­lü­cken dafür sor­gen, dass mög­lichst weni­ge Per­so­nen auf die
  •   Garan­tie­ren­te oder ergän­zen­de Unter­stüt­zung ange­wie­sen sind. Auch durch die
  •   Wei­ter­ent­wick­lung zur Bürger*innenversicherung wer­den (Ver-) Sicherungslücken
  •   schritt­wei­se geschlos­sen. Für die­je­ni­gen Per­so­nen, die trotz solcher
  •  Min­dest­si­che­rungs­ele­men­te Unter­stüt­zung benö­ti­gen, sehen wir eine den
  •  ver­fas­sungs­recht­li­chen Ansprü­chen genü­gen­de Grund­si­che­rung im Alter vor.
  •  Mit­glie­der der Rentenkommission

Mar­kus Kurth MdB (Lei­ter der Ren­ten­kom­mis­si­on und Spre­cher für Ren­ten­po­li­tik der Grü­nen in Bundestag)
Kers­tin And­reae MdB (stellv. Lei­te­rin der Ren­ten­kom­mis­si­on und stellv. Fraktionsvorsitzende)

Dr. Dan­y­al Bayaz (Mit­glied des Lan­des­vor­stands Baden-Württemberg)
Mar­cel Duda (Grü­ne Jugend)
Anni­ka Gerold (Bun­des­frau­en­rat)
Ute Michel (BAG Arbeit, Sozia­les, Gesundheit)

Bea­te Mül­ler-Gem­me­ke MdB (Spre­che­rin für ArbeitnehmerInnenrechte)
Prof. Dr. Frank Null­mei­er (Uni­ver­si­tät Bremen)
Cem Özd­emir MdB (Bun­des­vor­sit­zen­der)
Udo Phil­ipp (BAG Wirt­schaft und Finanzen)

Bri­git­te Poth­mer MdB (Spre­che­rin für Arbeitsmarktpolitik)
Anto­nia Schwarz (Grü­ne Alte)
Diet­mar Strehl (Staats­rat im Finanz­res­sort der Frei­en Han­se­stadt Bremen)
Dr. Wolf­gang Streng­mann-Kuhn MdB (Spre­cher für Sozialpolitik)

Zusammengefasst – Wir wollen:

  • Das Sys­tem der Alters­si­che­rung lang­fris­tig auf eine sta­bi­le Grund­la­ge stel­len, auch über 2030 hinaus.
  • Ein gemein­sa­mes Alters­si­che­rung­s­ys­tem für alle Bür­ge­rin­nen und Bürger.
  • Eine Alters­si­che­rung, die glei­cher­ma­ßen Alters­ar­mut ver­hin­dert und den Lebens­stan­dard im Ruhe­stand sichert.
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