Ältere Migrant*innen 26.10.2008Altenhilfe für MigrantInnenInhalt: 1. Ausgangspunkt: Programm der Grünen Alten 2. Hintergrund der Zuwanderung 3. Verdienste der MigrantInnen 4. Integrationspolitik und Anerkennung gemeinsamer Regeln 5. Situation auf dem Arbeitsmarkt 6. Die besondere Problematik älterer MigrantInnen 7. Gesundheit der MigrantInnen 8. Beratung und Versorgung älterer MigrantInnen 9. Bürgerschaftliches Engagement 10. Schaffung von multikulturelle Seniorenzentren 11. Bürger- und Menschenrechte1. Ausgangspunkt ist aus dem Programm der Grünen Alten der Punkt: Für Integration älterer Migrantinnen und Migranten„Ältere Migrantinnen und Migranten brauchen aufgrund der verschiedenen ethnischen, religiösen und kulturellen Herkunft sowie der unterschiedlichen sozialen Lebenslagen entsprechende Angebote. Eine erfolgreiche Integration und Gleichberechtigung können nur erreicht werden, wenn der rechtliche Rahmen, soziale Chancengleichheit und kulturelle Selbstbestimmung gewährleistet sind. Wir setzen uns bei der Umsetzung dieser Aufgabe für eine interkulturelle Öffnung und Modernisierung der Altenhilfe durch gezielte Kooperation mit Migranten-Organisationen ein.«2. Hintergrund der ZuwanderungIn früheren Jahren glaubte man noch, dass die angeworbenen ausländischen Arbeitskräfte nach ein paar Jahren Beschäftigung, bzw. spätestens nach der Pension in ihre Ursprungsländer zurückkehren würden. Viele dieser Migrantinnen und Migranten der 1. Generation sind inzwischen deutsche Staatsbürger geworden, ihre Kinder und/ oder Enkelkinder sind hier geboren und aufgewachsen. Abgesehen von diesen familiären Bindungen zu Deutschland sprechen auch die meisten Gesundheits- und Sozialsysteme der Entsendeländer nicht für eine permanente Rückkehr dieser Generation. Laut Statistischem Bundesamt, 2006 gab es in Deutschland 6,5 Mio. Migranten. Die meisten kamen mit 1.739.000 aus der Türken, gefolgt von 362.000 Italienern, 535.000 Polen, Serben und Montenegriern mit 317.000, 304.000 Griechen und 228.000 Kroaten. 26,9% der Türken leben seit 30 Jahren und mehr in Deutschland, 53,2 % sind 10 bis 30 Jahre alt und 19,9% sind jünger als 10 Jahre. Die meisten Zuwanderer kamen und kommen aus wirtschaftlichen Gründen wie auch aus Krisen- und Kriegsgebieten. Für die Zukunft prognostiziert man, dass vermehrt Menschen aus Gebieten kommen, die vom Klimawandel und den Folgen wie Trockenheit und Umweltkatastrophen betroffen sind und deren Regierungen den Folgen keine alternativen Konzepte und Lösungen entgegen setzen können. In Deutschland werden alleine laut Hochrechnung des Statistischen Bundesamtes 2030 ca. 2,8 Millionen ältere Migrantinnen und Migranten leben.3. Verdienste der Migrantinnen und MigrantenViele Zuwanderer haben in Deutschland Pionierarbeit geleistet. Gerade die älteren Migrantinnen und Migranten leisteten und leisten immer noch einen bedeutenden Beitrag für das Gelingen des sozialen Lebens, deshalb darf das Potential der freiwilligen Selbsthilfe unter der ersten Einwanderergeneration in Form von Nachbarschaftshilfe nicht unterschätzt werden. Sie hat im Wesentlichen zur Orientierung und zur Integration beigetragen. Überdies sollten die bedeutenden Beiträge der älteren Migrantinnen und Migranten anerkennen, die sie in der Vergangenheit für die Wirtschaft geleistet haben. Es darf auch nicht die Gruppe der professionell pflegenden Migrantinnen in Krankenhäusern und Altenpflegeheimen vergessen werden, die schwere und wirklich wichtige und gute Arbeit leistet. Da die Gruppe der älteren Menschen mit Migrationshintergrund immer größer wird, ist es an der Zeit, dass nicht nur ihre speziellen Wünsche und Bedürfnisse Gehör finden, sondern sie auch Chancengerechtigkeit im Alter erfahren, denn auch sie haben das Recht auf Würde im Alter.4. Integrationspolitik unter Anerkennung gemeinsamer Regeln Integrationspolitik ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa gesellschaftliche Zukunftsaufgabe. Eine echte Teilhabe aller Migrantinnen und Migranten aber kann es nur geben, wenn Integration und Gleichberechtigung Hand in Hand gehen. Dieses gleichberechtigte Zusammenleben ist eine zentrale gesellschaftspolitische europäische Aufgabe und bedeutet Chancengleichheit in Bildung, auf dem Arbeitsmarkt und in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Gleiche Teilhaberechte und ein gesicherter Aufenthalt sind für die Integration unverzichtbar. Integration sehen wir als Prozess zu einem Leben in geltendem rechtlichem Rahmen, mit sozialer Chancengleichheit und kultureller Selbstbestimmung. Wir fördern das Zusammenleben in gesellschaftlicher Vielfalt mit der Anerkennung gemeinsamer und verbindlicher Regeln auf der Grundlage der Menschenrechte und der jeweiligen Gesetze. Die Achtung der Menschenrechte, Toleranz, Respekt, Gewaltfreiheit, Gleichberechtigung sowie die Anerkennung von demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren sind solche Grundvoraussetzungen des Zusammenlebens. Zur erfolgereichen Integration bedarf es der Bereitschaft und des Willen auf allen Seiten.Integration kann nur gelingen, wenn nicht nur bei Kindern, sondern auch noch bei älteren Migranten, sowohl Frauen als auch Männern, der Spracherwerb der jeweiligen Landessprache gefördert wird, denn Stereotype und Vorurteile über alte Menschen, besonders ältere Migrantinnen und Migranten sind in unserer Gesellschaft anzutreffen. Die Überzeugung, dass andere für nicht besonders schlau gehalten werden, weil sie z. B. Migranten sind, nicht so gut die Landessprache sprechen und dann noch das Stereotyp alt dazu, führen zu Minderwertigkeitsgefühlen bei vielen älteren Migrantinnen und Migranten. Deshalb sollten spezielle Sprachkurse und andere Aktivitäten zur Einbeziehung und Beteiligung auch älterer Migrantinnen und Migranten noch mehr gefördert werden. Auch ältere Analphabeten dürfen von Alphabetisierungskursen und dem Spracherwerb der jeweiligen Landessprache nicht ausgeschlossen werden. Sprachliche Integrationskurse sollten sinnvoller Weise z. B. mit speziellen Agenturen eng verknüpft werden. Ebenso sollten die NGO›s in ihren Aktivitäten und Hilfsprogrammen in dieser Hinsicht unterstützt werden.5. Die Situation auf dem ArbeitsmarktDie Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich nicht nur in Deutschland, sondern in Europa in Zukunft drastisch verschärfen, weil es vermutlich zu wenig Facharbeiter geben wird. Der EU-Kommissar Spidla empfahl deshalb, Einwanderer besser zu integrieren und ausgebildete Doktoren unter den Migranten nicht als Taxifahrer arbeiten zu lassen. Die Gruppe der älteren Menschen mit Migrationshintergrund ist besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen, sei es z. B. durch Mangel an Arbeit, mangelnde Integration in den Arbeitsmarkt, frühzeitige Erwerbsunfähigkeit oder Unterqualifikation. Um in Zukunft die Chancen der Migrantinnen und Migranten zu verbessern, müssen schon die Kinder in den Kindergärten und Schulen besser gefördert werden, um auf dem Arbeitsmarkt mehr Chancen zu haben. Durch die schlechte Integration in die Gesellschaft, die nicht ausreichenden Sprachkenntnisse, zu wenig soziale Netzwerke und mangelnde Integration in den Arbeitsmarkt gehen den Ländern Arbeitskräfte verloren, die zum Verlust von Renten- und Sozialversicherungs- beiträgen wie auch Einkommenssteuern führen. Das sind Milliardenbeträge, die seit Jahren verloren gehen.6. Die besondere Problematik älterer Migrantinnen und Migranten Der Beratungs – und Informationsbedarf zu altersspezifischen Fragen bei Migrantinnen und Migranten wächst. Studien belegen, dass die gesundheitliche und soziale Lage älterer Migranten im Vergleich zu einheimischen Altersgruppen deutlich schlechter ist. Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund scheiden häufiger frühzeitig aus dem Arbeitsleben aus, haben häufiger finanzielle Einschränkungen und Verständigungs-schwierigkeiten durch Sprachdefizite, die als Hinderungsgründe für ein aktiveres Teilhaben am öffentlichen Leben gelten. Nach dem Berufsleben wollen auch sie aktiv bleiben, aber wissen häufig nicht, wie sie das machen sollen. Da die Gruppe der älteren Menschen mit Migrationshintergrund immer größer wird, ist es an der Zeit, dass nicht nur ihre speziellen Wünsche und Bedürfnisse Gehör finden, sondern sie auch Chancengerechtigkeit im Alter erfahren. Ältere Migrantinnen und Mgranten stehen der besonderen Gefahr der vielfachen Diskriminierung gegenüber und es erfordert spezifische Politik und kultursensible Dienstleistungen, wie sie in „Recommendation 1619, EU-Parlament, 2003 für die Rechte älterer Migranten« formuliert sind.- In Bezug auf die besonders zu schützende Gruppe der älteren Migrantinnen und Migranten sollte über die Konsequenzen für sie und die Gesellschaft reflektiert werden, die in Zukunft entstehen. Deshalb sollte ein spezifisches Programm zur generellen Unterstützung älter werdender Migrantinnen und Migranten erstellt werden.- Dabei muss sich die Altenpolitik auf die sehr heterogene Gruppe der Migrantinnen und Migranten einstellen, die aufgrund ihrer verschiedenen ethnischen, religiösen und kulturellen Herkunft sowie ihrer unterschiedlichen sozialen Lebenslagen keine einfachen Standardlösungen ermöglicht.- Die gravierensten Schwierigkeiten, mit denen ältere Zugewanderte kämpfen, sind vor allem Beeinträchtigung der Gesundheit, bzw. Krankheiten, Wohnungsprobleme und Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Rente.- Ein Vorsorge-Gesundheitssystem für ältere Migrantinnen und Migranten sollte im Bereich Gesundheitseinrichtungen, Krankenhäuser und Hospize vorhanden sein. Bezogen auf die Gesundheitsfürsorge sollten die existierenden Strukturen der Gesundheitsfürsorge – falls noch nicht vorhanden – und die Unterstützung an die kulturellen Bedürfnisse der älteren Migrantinnen und Migranten angepasst werden.- Zu fördern sind ebenfalls Formen der Selbsthilfe und Selbstorganisation.- Soziale und andere Hilfsdienste sind auf die Lebensbedürfnisse älterer Migrantenfamilien hin zu erweitern bzw. auszubauen.- Mitarbeiter sollten in allen Bereichen, in denen ältere Migrantinnen und Migranten beraten, betreut und begleitet werden, Weiterbildungs‑, Supervisions- und Peer-Gruppen-Angebote erhalten.- Zu fördern ist ebenfalls die Bereitstellung praktischer Informationen für ältere Migrantinnen und Migranten über das Recht auf Sozialhilfe, Renten, Gesundheitsfürsorge im Gastland und dem Herkunftsland durch öffentliche Institutionen, Gemeindezentren, Migranten-Organisationen, Kulturzentren und religiöse Institutionen. Erleichterung der Verbindungen zwischen den älteren Migrantinnen und Migranten und ihrem Herkunftsland ist deshalb eine logische Folge.- Zu fördern sind Modellversuche von seniorengerechten Wohnformen und Wohninitiativen für ältere Migranten.Wir setzen uns für eine interkulturelle Öffnung und Modernisierung der Altenhilfe durch gezielte Kooperation mit Migranten-Organisationen, Beratungsstellen für MigrantInnen und Selbsthilfeorganisationen ein.7. Gesundheit der Migrantinnen und MigrantenIn unserer Gesellschaft achten immer mehr ältere Menschen auf ihre Gesundheit, sei es, dass sie auf ihr Gewicht achten, auf gesunde Ernährung oder Fitness-Training nach dem Motto: Aktiv leben – gesund alt werden! Das wachsende Gesundheitsbewusstsein ist eine positive Entwicklung. Leider hat sie vor allem ältere Migrantinnen und Migranten nicht in dem Maße erreicht, wie es sinnvoll wäre. Bei ihnen hat der Alterungsprozess ca. 10 Jahre eher eingesetzt als in der Regel bei Deutschen, bedingt durch schwere Arbeits- und Lebensbedingungen in der Migrationsphase. Besonders ältere Migrantinnen sind häufig in einem besorgniserregenden Gesundheitszustand. Um hier Abhilfe zu schaffen, treten wir für eine vermehrte Anstrengung ein, auch diese Personengruppen über Prävention und Gesundheitsförderung besser aufzuklären. Rückzugstendenzen zur eigenen ethnischen Bezugsgruppe der älteren Migrantinnen und Migranten muss auch durch bedarfsgerechte Sportaktivitäten entgegen gewirkt werden. Dabei empfehlen wir, mit den jeweiligen Migranten-Organistionen zusammenzuarbeiten. Dafür brauchen wir sprachlich und kulturell sensible Aufklärungsprogramme zur Förderung von sozialen und gesundheitlichen Ressourcen älterer Menschen mit Migrationshintergrund, die auch von ihnen selbst gestaltet werden können. Niedrigschwellige Angebote in Form von Kursen können den Zugang zum Sporttreiben erleichtern. Es gibt Migrantinnen und Migranten, die in ihrer neuen Heimat durch bessere Gesundheitsversorgung eine steigende Lebenserwartung haben. Problematisch ist dabei, dass sich mit dem Älterwerden der Migrantinnen und Migraten auch bei ihnen vermehrt Demenz einstellt, die man im alten Heimatland kaum kannte. Häufig kennen auch die Angehörigen diese Krankheit nicht. Es bedarf hier spezieller Aufklärung. Ein besonderes Merkmal bei den an Demenz erkrankten Migrantinnen und Migranten ist, dass sie die Sprache im Zweitland, die sie dort erlernt haben, vergessen. Das bedeutet, dass sie einen besonderen Bedarf an Altenheimen haben werden. Probleme können in absehbarer Zeit, d. h. in 10–15 Jahren, die Versorgung älterer Migrantinnen und Migranten bei Krankheit und Pflege verursachen. Denn auch in den Familien mit Migrantionshintergrund ändert sich die Lebensweise, sodass die Familien weniger Kinder haben. Die Kinder der Migranten stehen oft auch nach der Heirat im Berufsleben, sodass es nicht mehr selbstverständlich ist, dass sie ihre Eltern im Alter betreuen und pflegen können. Ziel der Politik muss es sein, auch für Migrantinnen und Migranten angepasste Wohnformen fürs Alter, Vorsorge für Pflege – auch ambulante Pflege – zu schaffen sowie Angehörige an Demenz erkrankten Migrantinnen und Migranten über Symptome, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten zu informieren und Begleitungs‑, Versorgungs- und Entlastungsmöglichkeiten aufzuzeigen.8. Beratung zur Versorgung älterer Migrantnnen und MigrantenIn Zukunft brauchen besonders ältere Migrantinnen und Migranten vermehrt Hilfe. Aber nicht zu leugnen ist, dass die Zugangsbarrieren der Migrantinnen und Migranten zu den sozialen Diensten sehr hoch sind. Es mangelt in der Regel den hilfsbedürftigen Migrantinnen und Migranten an Wissen um die Existenz der sozialen Dienste und an sprachlicher Kompetenz für eine erfolgreiche Verständigung. Vorstellbar ist auch, dass es den Migrantinnen und Migranten an Vertrauen in die Beratungssysteme und deren Mitarbeiter mangelt. Oft fühlen sie sich von ihnen in ihrer Lebenssituation nicht verstanden und auch stigmatisiert. Eine weitere Hemmschwelle ist die Angst vor Behörden und eventuellen ausländerfeindlichen Konsequenzen. Ebenso muss auf strukturelle Zugangsbarrieren wie z. B. Wohnortferne oder Öffnungszeiten hingewiesen werden, die mit den Arbeitszeiten vieler belasteter Migrantenfamilien nicht in Einklang zu bringen sind. Zu überlegen wäre, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, ob nicht auch vermehrt Fachkräften mit Migrationshintergrund der Zugang zu Stellen in Verwaltung und sozialen Diensten gewährt werden müsste, um den Migrantenhintergrund zu berücksichtigen und interkulturelle Öffnung zu realisieren. Unser Ziel muss es sein, dass durch diese Fachkräfte mit Mitgrationshintergrund in den Bereichen Altenhilfe, Gesundheitswesen, Aus- und Fortbildung, Migrationsarbeit, Selbsthilfe-Organisation, Forschung, Politik und in angrenzenden Tätigkeitsbereichen Impulse gegeben werden und sie in ihren Zuständigkeitsbereichen die Belange älterer Migrantinnen und Migranten berücksichtigen können, um deren Versorgungs- und Lebenslage zu verbessern.9. Bürgerschaftliches Engagement Aktuelle politische Debatten drehen sich immer mehr um das brachliegende Potential älterer Menschen und das Bedürfnis, sie stärker für gesellschaftliche und sozialpolitische Aufgaben zu gewinnen. Erstaunlich ist, dass ältere Migrantinnen und Migranten dabei in der Regel nicht erwähnt werden. Man sieht sie meist nur als homogene Gruppe mit einem einheitlichen Lebenshintergrund, die im Alter pflege- und hilfsbedürftig ist und verkennt ihr reichhaltiges Potential an Erfahrungen, Kenntnissen und Fähigkeiten, die sie im Laufe ihres Lebens auch als Zuwanderer gewonnen haben. Wir fordern Programme, die sich für kulturelle Vielfalt einsetzen und sich den Bedürfnissen und Interessen von Migrantinnen und Migranten anpassen, um sie so zur Teilnahme an bürgerschaftlichem Engagement zu interessieren. Eine große Bedeutung für den Integrationsprozess wäre gerade das freiwillige Engagement älterer Migrantinnen und Migranten, die gesellschaftliche und politische Verantwortung übernehmen wollen. Ihr reicher Erfahrungsschatz, der für die örtliche Integration von Bedeutung sein könnte, wird nicht entsprechend genutzt. Bedingung ist jedoch, dass sie mit den jeweiligen Organisationsformen im bürgerschaftlichen Engagement vertraut gemacht werden und ihnen Schulung und Qualifizierung zur Verfügung gestellt werden. Ebenso wichtig für den Kontakt bei der freiwilligen Arbeit sind verlässliche Vertrauenspersonen von beiden Seiten. Für diese Arbeit interessiert sich jedoch nur ein geringer Teil der Migrantinnen und Migranten. Erfahrungen zeigen, dass die typische repräsentative Form des Ehrenamtes mit einem streng einzuhaltenden Sitzungsablauf von den meisten Zuwanderern abgelehnt wird. Dagegen werden von ihnen Vorhaben in ihrem Wohn- und Lebensumfeld bevorzugt, bei denen sie Mitsprache und Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Für die dauerhafte Aktivierung dieser Zuwanderergruppe sind Möglichkeiten des informellen Lernens, z.B. in Nachbarschaftszentren bereitzustellen. Zu erwarten ist, dass durch freiwilliges bürgerschaftliches Engagement der Zuwanderer und durch ein besseres Kennenlernen der jeweils anderen Kultur ein Miteinander gefördert wird und Vorurteile auf beiden Seiten abgebaut werden können. (Siehe: Kompetenz Zentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe, Berlin, Ulrika Zabel)10. Schaffung von multikulturellen SeniorenzentrenEin konsequenter Schritt im Bereich der Integration auch älterer Migrantinnen und Migranten sind multikulturelle Seniorenzentren und Altenheime. Dazu gibt es ein hervorragendes einzigartiges Altenheim mit Modellcharakter: das DRK – Multikulturelle Seniorenzentrum in Duisburg, NRW , Deutschland. 1997 öffnete dieses multikulturelle Altenheim seine Pforten. Durch fachliche und bauliche Konzeption hat es einen so genannten ethnischen Schwerpunkt: Der Entwicklung eines zunehmend größer werdenden Anteils älterer, pflegebedürftiger Menschen ausländischer Herkunft soll Rechnung getragen werden. Das Projekt ist voll gelungen, denn die konzeptionellen Überlegungen ließen sich in der Praxis mit Erfolg realisieren und tatsächlich auch die Versorgung und Integration pflegebedürftiger ausländischer Mitbürger verwirklichen. Die Öffnung eines Altenpflegeheimes für Menschen aus anderen Kulturkreisen ist nicht leicht und erfordert für alle Beteiligten ein stetes wachsames interessiertes Wahrnehmen und Handeln. Durch den Einsatz von Empathiefähigkeit, Echtheit und der fast bedingungsfreien Akzeptanz untereinander ist ein Milieu herangewachsen, das über das normale Maß hinaus ein humanes und teilhabendes Leben für die älteren Menschen anstrebt und oftmals auch erreicht. Ein weiterer Schwerpunkt: Die Belegschaft ist interkulturell geschult und die Dienstleistungen sind ebenfalls interkulturell. Durch den langjährigen gemeinsamen Lernprozess hat sich ein kollektives Handeln für alle ergeben. Die Leitung bietet den Mitarbeitern regelmäßig multikulturelle Fortbildung an, z.B. Sprachkurse und landeskundliche Kurse. Die Teams erhalten bei Bedarf spezielle Supervisionen. Kulturelle Fragen und Antworten bilden dabei den Schwerpunkt. Den Bewohnern und Angehörigen macht die Einrichtung besondere multikulturelle Angebote. Ein interkultureller Besuchsdienst, Gebetsräume für Christen und Muslime, eine internationale Bibliothek, ein wöchentlicher mediteraner Markt und die Ausrichtung von internationalen Festen gehören dazu. In den vergangenen Jahren waren 250 Besuchsgruppen aus aller Welt im Multikulturellen Seniorenzentrum.11. Bürger- und Menschenrechte für Migrantinnen und MigrantenKernanliegen unserer Grünen Politik sind Bürger- und Menschenrechte für Zugewanderte und die Einhaltung humanitärer Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen. Falls es Abschiebung in die Heimatländer gibt, dürfen besonders Schutzbedürftige, unter ihnen kranke und ältere Menschen, nicht in Krisengebiete abgeschoben werden Die Beendigung des Flüchtlingsstatus kommt nach internationalem Flüchtlingsrecht nur dann infrage, wenn die Rückkehr der Betroffenen in ihre Heimatländer in Sicherheit und Würde gewährleistet ist. Auch illegal in Europa lebenden Menschen stehen die grundlegenden Menschenrechte zu. Es darf ihnen die Gesundheitsversorgung nicht verweigert werden. Ärzte, Sozialarbeiter und Richter dürfen nicht zur Denunziation gezwungen werden. Wir werben für einen Konsens in allen europäischen Ländern, um den betroffenen Menschen ein Angebot zur Legalisierung zu machen. In Spanien, Frankreich, Belgien und Griechenland existiert es schon. (Autorin: Ute Schmitz)Diesen Beitrag teilen mit: