Happy Women’s Day!

Aus Anlass des Frau­en­ta­ges und auf Ein­la­dung der Kul­tur­brü­cke Ham­burg e. V., hielt Chris­ta Möl­ler-Metz­ger am 8. März fol­gen­de Rede:

Lie­be Freun­din­nen, über­all um uns her­um wer­den gera­de Demo­kra­tie, Gerech­tig­keit, Viel­falt und auch Frau­en­rech­te infra­ge gestellt. 

Ein Abge­ord­ne­ter der AfD, der gera­de wie­der in den Bun­des­tag gewählt wur­de, schwa­dro­niert über ech­te Män­ner, die rechts sei­en. Ein Kol­le­ge von ihm bezeich­net „Femi­nis­mus als Krebs“. 

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Die AfD will eine Rück­kehr zur „tra­di­tio­nel­len Fami­lie“, die als Keim­zel­le der Gesell­schaft gese­hen wird – ein Begriff, der auch in der NS-Zeit gern benutzt wurde. 

Dabei haben wir doch schon in den 70ern die ers­ten Frau­en­grup­pen gegrün­det, haben über zu gerin­ge Gehäl­ter dis­ku­tiert, über die Mög­lich­keit, auch mit Kind zu arbei­ten, über Ver­hü­tung, die Auf­tei­lung der Haus­ar­beit, über männ­li­che Spra­che und weib­li­che Soli­da­ri­tät, über männ­li­che Netz­wer­ke und weib­li­che Kon­kur­renz. Es gab ers­te Outings …

Ein Haupt­the­ma waren Schwan­ger­schafts­ab­brü­che – es ist jetzt mehr als Zeit für ihre Entkriminalisierung!

Wenn ich zurück­schaue, kann ich nur sagen: Ja, wir haben viel erreicht, aber es gibt star­ke Bewe­gun­gen, die das alles zurück­dre­hen wollen.

Dabei waren wir ja noch längst nicht am Ende, es ist ja noch so viel zu tun.

Des­halb ist es mir so wich­tig, dass wir in unse­rer Viel­falt eng zusam­men­ste­hen – und damit mei­ne ich auch das Alter, das beim The­ma Diver­si­tät lei­der oft ver­ges­sen wird! Obwohl die meis­ten Dis­kri­mi­nie­run­gen, die ange­zeigt wer­den, das Alter betreffen. 

Grau, unat­trak­tiv, unbe­weg­lich, geis­tig nicht auf der Höhe der Zeit – das ist ein Alters­bild, das unter­schwel­lig durch unse­re Gesell­schaft wabert. Wir wer­den unsicht­bar und aussortiert! 

Das fängt schon früh an, z. B. bei der Alters­dis­kri­mi­nie­rung am Arbeits­platz, die etwa 14 Pro­zent der 45- bis 54-jäh­ri­gen Frau­en heu­te erleben. 

Fal­sche Alters­bil­der scha­den aber dem Selbst­bild, das wir von uns haben. Wenn man immer wie­der damit kon­fron­tiert wird, führt das zu Krank­heit und Gebrech­lich­keit. Man ver­liert qua­si den eige­nen Kompass. 

Schlimms­ten­falls wer­den wir auch dann nicht ernst genom­men, wenn wir mit 68 bei der Poli­zei eine Ver­ge­wal­ti­gung anzei­gen wol­len – wie es gera­de auf der Sei­te des Fami­li­en­mi­nis­te­ri­ums beschrie­ben wurde.

Älte­re Frau­en kom­men auch in unse­rem Hil­fe­sys­tem nicht vor. Es gibt kei­ne bar­rie­re­frei­en Schutz­woh­nun­gen oder Schutz­häu­ser mit Pflegedienst. 

Auch der Kli­ma­wan­del ist für Frau­en eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung – beson­ders schwan­ge­ren und älte­ren Frau­en machen die Hit­ze­wel­len mit tro­pi­schen Näch­ten über 20 Grad zu schaf­fen, und die wer­den wir in den nächs­ten Jah­ren immer öfter erleben. 

Älte­re Frau­en leben oft allein, und ster­ben lei­se in ihren Woh­nun­gen, was nie­mand bemerkt. 

In den letz­ten 20 Jah­ren stieg die Zahl der hit­ze­be­ding­ten Todes­fäl­le bei den über 65-Jäh­ri­gen um weit über 50 Pro­zent (53,7 %).

Die Schwei­zer Kli­ma­se­nio­rin­nen hat­ten genau des­halb vor dem Euro­päi­schen Men­schen­ge­richts­hof in Straß­burg, mit ihrer Kla­ge für schär­fe­re Maß­nah­men gegen den Kli­ma­wan­del, vor einem Jahr Erfolg. 

Auch bei der Flut­ka­ta­stro­phe im Ahrtal war Pfle­ge im Kri­sen­plan nicht mit­ge­dacht worden.

Auf der Flucht wer­den Älte­re nicht mit­ge­nom­men, weil sie nicht mobil genug sind oder sie wer­den sogar aus­ge­setzt, weil Armut ein wach­sen­des Pro­blem ist. Und über­all auf der Welt ist Alters­ar­mut weiblich. 

Vie­le Frau­en aus mei­ner Gene­ra­ti­on hat­ten kei­ne gute Aus­bil­dung, in mei­ner Grund­schul­klas­se waren wir zwei Mäd­chen, die die Prü­fung zum Gym­na­si­um gemacht haben. 

Dafür haben die­se Frau­en meist selbst­ver­ständ­lich die Care­ar­beit über­nom­men, für die Kin­der und spä­ter für die Eltern oder Schwie­ger­el­tern  – und Haus­ar­beit und Teil­zeit­ar­beit haben ihren Preis. 

In Ham­burg ver­die­nen Frau­en nach wie vor deut­lich weni­ger Geld als Män­ner. Der Unter­schied zwi­schen dem Brut­to­ver­dienst pro Stun­de lag im ver­gan­ge­nen Jahr bei 5,15 Euro oder 18 Prozent. 

Aus dem »gen­der pay gap« wird der »Gen­der Pen­si­on Gap«, d. h. vie­le Rent­ne­rin­nen müs­sen heu­te von Mini­ren­ten leben. 

Der neun­te Alters­be­richt zeigt, dass sie sich dann auch noch schä­men, die ihnen zuste­hen­de Unter­stüt­zung, also Grund­si­che­rung oder Wohn­geld zu beantragen. 

Beson­ders schwer haben es älte­re Frau­en aus der LSBTIQ-Com­mu­ni­ty — und älte­re Frau­en mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die oft auch wenig Deutsch spre­chen und digi­tal abge­hängt sind. 

Als ich jung war, galt es als spie­ßig, über Ren­te nach­zu­den­ken – und ich wün­sche mir sehr, dass die Jün­ge­ren unter Euch heu­te schlau­er sind als ich es damals war, und ihr heu­te nicht mehr in die Teil­zeit­fal­le tappt. 

Mein größ­tes Anlie­gen ist aber: Ich möch­te kei­ne Gene­ra­ti­on gegen die ande­re aus­spie­len! Unse­re Gesell­schaft ist schon genug gespalten.

Lasst uns uns unter­ha­ken und gemein­sam gegen Unge­rech­tig­keit, Armut und Dis­kri­mi­nie­rung ange­hen, denn Soli­da­ri­tät ist unse­re größ­te Stärke!

Vie­len Dank!

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