Können Impfungen die Ausbreitung von COVID-19 eindämmen? 12. Januar 202118. November 2023 | Antonia Schwarz COVID-19 wird uns noch Wochen und Monate begleiten. Wir werden die mit vielen Einschränkungen verbundene gefährliche Ausbreitung des Erregers nur dann in den Griff bekommen, wenn zwei Richtungen eingeschlagen werden:Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung, den Abstands- und Hygieneregelungen.Eine Impfstrategie, mit der möglichst bald Bevölkerungsgruppen erreicht werden, die besonders gefährdet sind. Dazu zählen auch pflegerisch und medizinische Beschäftigte, die durch die Betreuung und Versorgung von Corona-Infizierten einer hohen Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.Die aktuell harten Einschränkungen verfolgen das Ziel, die Ansteckungsrate solange zu senken, bis die Gesundheitsämter wieder in der Lage sind, die Ausbreitung des Virus verfolgen zu können. Außerdem ist die intensivmedizinische Versorgung von Corona-Patient*innen quantitativ begrenzt. Konsens besteht bisher darin, dass in Deutschland Situationen vermieden werden sollen, die ein Aussortieren von Patient*innen erforderlich machen würde, bei denen sich eine Behandlung nicht mehr „lohnt“ (Triage). Die in England, Irland, Dänemark und Südafrika neu entdeckte B117-Mutation des Virus lässt befürchten, dass Kontaktbeschränkungen, Abstands- und Hygieneregelungen noch sehr lange gelten werden. Diese um 50 Prozent ansteckendere Variante trat bereits in Berlin, Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg auf. Mit einer Genom-Sequenzierung kann im Rahmen des PCR-Tests diese Variante nachgewiesen werden. Zur systematischen Verfolgung von Mutationen müsste eine Sequenzierung in Deutschland häufiger als bisher durchgeführt werden. https://www.tagesspiegel.de/politik/merkel-besorgt-ueber-corona-mutante-die-angst-vor-b117-droht-nun-der-wirtschafts-lockdown/26785066.htmlZiel: hohe Impfquote von besonders gefährdeten BevölkerungsgruppenDie Bundesregierung hat 300 Mio. Impfdosen bestellt, die eine Impfquote von mindestens 60 Prozent der Bevölkerung erlaubt. Da die Nachfrage nach Impfstoffen weltweit besteht und die Produktionskapazitäten nicht unbegrenzt sind, hat die ständige Impfkommission (STIKO) eine Empfehlung zur Reihenfolge des Impfens ausgesprochen. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/02_21.pdf?__blob=publicationFileNach Deutschen und europäischen Standards muss für jeden COVID-19-Impfstoff vor der Zulassung Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in klinischen Prüfungen nachgewiesen und ein günstiges Nutzen/Risiko-Profil durch die Zulassungsbehörde bescheinigt werden. Alle bisher in Deutschland zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19 erhielten eine „bedingte“ Zulassung. Eine solche Zulassung ist nicht mit einer „Notfallzulassung“ zu verwechseln, sie ist auf ein Jahr begrenzt und führt automatisch zu einer regulären Anerkennung des Impfstoffs, wenn standardisierte Vorgaben bspw. zu Berichtspflichten, Chargenkontrollen, Risikomanagement eingehalten werden. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/12/21/wirrwarr-um-notfall-und-ordentliche-zulassungenDer zuerst zugelassene Impfstoff von BioNTECH und Pfizer muss bei mindestens 70 Grad Minus gekühlt; für die Verwendung in den Impfzentren kann er in handelsüblichen Kühlschränken bei zwei bis acht Grad bis zu fünf Tagen aufbewahrt werden. Bereits aufgezogene Spitzen sind aber binnen zwei Stunden zu verbrauchen oder müssen vernichtet werden. https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/BioNTech-gibt-in-Sachen-Impfstoff-Kuehlung-Entwarnung-415201.htmlDie Handhabung des zweiten Impfstoffes des amerikanischen Herstellers Moderna ist ein wenig einfacher, weil eine Lagerung von minus 20 Grad ausreichend ist. Er erhielt von der Zulassungsstelle der EU am 6. Januar 2021 eine ebenfalls bedingte Zulassung. Beide Impfstoffe (von BioNTECH und Moderna) verfügen über eine Wirksamkeit von 95 Prozent. https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/so-wirksam-ist-der-moderna-impfstoff-100.htmlBis Ende Januar 2021 wird mit einer Zulassung des Impfstoffs des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca gerechnet. Dieser kann bei normaler Kühlschranktemperatur für sechs Monate gelagert werden, allerdings soll dessen Wirksamkeit nur bei 70 Prozent liegen. Der Impfstoff ist aber für eine Impfung von größeren Bevölkerungsgruppen leichter handhabbar und könnte auch durch niedergelassene Ärzt*innen verabreicht werden. Zu den Schwächen des Impfstoffs von AstraZeneca zählt die geringe Beteiligung von Studienteilnehmer*innen, die über 70 Jahre alt waren (6,8 Prozent). https://www.fr.de/wissen/corona-impfstoff-astrazeneca-grossbritannien-covid-19-wirksamkeit-nebenwirkungen-biontech-pfizer-moderna-90162200.htmlBewertung der Situation rund um das ImpfenDie Bundesregierung und die Europäische Union sind für die Beschaffung und Zulassung der Impfstoffe verantwortlich, die einzelnen Bundesländer für die Durchführung. Dazu haben sie zentrale Impfstellen und mobile Teams eingerichtet. Die mobilen Impfteams werden zumeist in Pflegeheimen und Heimen für geistig behinderte Menschen eingesetzt.Zur Erleichterung der Impfstrategie wurde dem Robert-Koch-Institut – RKI die Durchführung eines Impfmonitoring übertragen. Aus der nachfolgenden Tabelle wird ersichtlich, dass die einzelnen Bundesländer sehr unterschiedlich impfen.Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Impfstrategie der einzelnen Bundesländer, sie wird täglich aktualisiert:FSp. | GRÜNE ALTE Zum Herunterladen der aktuellen Tabelle als EXCEL-Datei, hier klicken: https://t1p.de/tj7uVerlauf des Einladungsverfahrens in BerlinBis zum 6. Januar wurden in Berlin 18.171 Menschen in Pflegeheimen sowie 18.591 Ältere über 90 Jahren, die noch in der eigenen Häuslichkeit leben, mit einer ersten Dosis des Impfstoffs von BioNTech geimpft. Hinzu kommen knapp 10.000 Beschäftigte aus Pflegeheimen und Intensivstationen, die mit infizierten Patient*innen arbeiten. In den kommenden Tagen erhalten weitere medizinische Beschäftigte der landeseigenen Klinikkonzerne Charité und Vivantes jeweils 2.000 weitere Impfdosen zur Immunisierung der Beschäftigten auf den COVID-19-Stationen.Unter den Bedingungen von Impfstoffknappheit und einer Priorisierung nach Gefährdungslage ist es nicht möglich, dass jede und jeder zu einem der in Berlin oder anderswo zugelassenen Impfzentren fährt und sich einfach impfen lässt.In Berlin erhalten die Impfberechtigten ein persönliches Einladungsschreiben per Post von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Das Einladungsschreiben enthält einen individuellen Code für die Terminberechtigung, beigefügt sind, ein Aufklärungsmerkblatt, eine Erläuterung zu Datenschutzfragen, eine Einverständniserklärung sowie ein Blatt mit der Anbindung des Impfzentrums an den ÖPNV.Aus dem Procedere ergeben sich einige Fragen, die sich in der ersten Phase der Impfung in anderen Bundesländern vermutlich in ähnlicher Weise stellen:Wer Glück hat, kommt mit der Telefonnummer in angemessener Zeit durch. Um einen Termin über eine Hotline online buchen zu können, muss man halbwegs mit dem Internet vertraut sein und zu Hause einen WLAN-Anschluss haben. Diese Voraussetzungen besitzt nur ein Bruchteil derjenigen, die zurzeit als über 80-Jährige gegen Ende Januar in Berlin geimpft werden sollen. Wer Angehörige hat, wird vermutlich die jüngeren Familienmitglieder um Unterstützung bitten. Fallen die anderen durchs Raster, die diese Voraussetzung nicht haben?In Berlin wurde über die Regionalnachrichten des RBB bekannt gegeben, dass hochaltrige Menschen kostenlos einen Taxiservice beanspruchen können. https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/01/berlin-impfzentrum-senioren-80-jahre-taxi-gratis.htmlDiese Information wird aber in dem Anschreiben nicht erwähnt und ist auch in dem angegebenen Link nicht zu finden. Eine beigefügte Umgebungskarte des Impfstandorts legt vielmehr nahe, dass sich die Hochbetagten mit dem ÖPNV eigenständig auf den Weg machen. Aus unserer Sicht reduziert dies die Wahrscheinlichkeit, dass sich Menschen diese Personengruppe zu großen Anteilen impfen lassen, wenn ihnen diese Information fehlt.Welches Verfahren ist für hochaltrige Menschen vorgesehen, die nicht mehr eigenständig ihre Wohnung verlassen können oder gar bettlägerig sind? Werden diese Pflegebedürftigen über mobile Impfteams geimpft? Mit welchem anderen Konzept sollen Impftermine für eingeschränkt mobile Menschen organisiert werden?Wird auch darüber nachgedacht, die Impfung durch Fachpflegekräfte durchzuführen in den Fällen, in denen die Betroffenen durch einen Pflegedienst regelmäßig aufgesucht werden?Wird Impfen hier als ärztliche Vorbehaltsaufgabe gesehen, die nicht von Fachpflegekräften durchgeführt werden darf? Bedarf es dazu ergänzender Regelungen?In Berlin existieren mehr als 900 Pflegewohngemeinschaften mit rund 7.000 Bewohner*innen, in der Demenzpflege durchgeführt wird. Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, gelten aufgrund der kognitiven Einschränkungen als besonders gefährdet. Wie und durch wen werden diese Pflegebedürftigen geimpft? Werden hier – wie bei den Bewohner*innen von Pflegeheimen – mobile Impfteams eingesetzt, obwohl sie formal als ambulant versorgt gelten?Die von Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Dilek Kalayci, aktuell propagierte Wahlfreiheit der Berliner*innen, mit welchem Impfstoff sie geimpft werden wollen, ist eine „Schein“-Freiheit.https://www.rbb24.de/politik/thema/corona/beitraege/2021/01/berlin-impfstoff-moderna-biontech-waehlen-option-kalayci.htmlSolange der Impfstoff so knapp wie bisher zur Verfügung steht, sollte vielmehr auf die Lebenssituation der Impfberechtigten geachtet werden. Entscheidend ist die Frage, wie erreicht werden kann, dass diejenigen, die geimpft werden wollen, auch eine solche Impfung so früh wie möglich erhalten können. Die meisten Menschen werden nicht in der Lage sein, die Unterschiede zwischen Impfstoffen selbst beurteilen zu können.Auch die Debatte zur Impfung durch niedergelassene Ärzte stellt sich derzeit nicht, solange nur Impfstoffe mit starker Kühlung zur Verfügung stehen. Der weniger empfindliche Impfstoff von AstraZeneca wurde zudem nur zu einem geringen Anteil an älteren Menschen getestet.Antonia Schwarz, Berlin, 11. Januar 2021
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