Patientenverfügungen sind nicht für Notfallsituationen! 17. Juni 20191. April 2021 | Frank Spade Meine Patientenverfügung soll dafür sorgen, dass ich einstmals an meiner Erkrankung natürlich versterben kann. Damit dann keine Sterbeverhinderung mehr versucht wird, beschreibt sie konkret, in welchen Situationen welche medizinischen Maßnahmen zu unterlassen sind.Naturgemäß handelt es sich bei den benannten Situationen um keine Notfälle und auch keine Krankenhausaufenthalte, für die ich mich entschieden habe, weil ich mir davon eine Verbesserung meiner Situation erhoffe. Trotzdem werden Patienten bei der Aufnahme in ein Krankenhaus nach ihrer Patientenverfügung gefragt. Wenn es dabei nur darum ginge, ob eine vorhanden ist und wer bevollmächtigt wurde, wäre das ja noch in Ordnung. Aber wenn die Patientenverfügung vorgelegt werden soll und eine Kopie (manchmal sogar das Original) zu den Akten genommen wird, geht es zu weit.Wer zur Behandlung in ein Krankenhaus geht, will noch leben. Wenn dann eine Notfallsituation eintritt, sollte demnach zunächst alles versucht werden, um den Patienten zu retten. Dafür braucht es aber keine Patientenverfügung. Wenn die Rettungsversuche nicht zum erhofften Ziel führen, müssen Ärzte nicht automatisch nach einer Patientenverfügung handeln, denn meistens ist noch keine der dort aufgeführten Situationen eingetreten. Viel wichtiger ist es dann die Bevollmächtigten zu informieren, um mit deren Hilfe den mutmaßlich aktuellen Willen zu ermitteln. Um den zu belegen, können diese dann die Patientenverfügung zu Rate ziehen.Diese Vorgehensweise kann ein paar Tage benötigen, würde aber der Intention des Verfügenden in den meisten Fällen eher gerecht werden, als wenn Ärzte selbständig aufgrund einer vorliegenden Patientenverfügung handeln würden. Das dürfte in etwa die gleiche Zeit sein, die Ärzte benötigen, um ihre Diagnose zu sichern. Unbenommen sind von diesem Vorgehen Situationen, in denen es aus ärztlicher Sicht keine Indikation gibt, lebenserhaltende Maßnahmen fortzusetzen.Also Krankenhausaufnahmen: Nehmt keine Patientenverfügungen zu den Akten, sondern nur die Information, ob es eine gibt und wie die Bevollmächtigten zu erreichen sind. Fatal wäre nämlich, wenn ein Patient zwischen zwei Krankenhausaufenthalten seine Patientenverfügung in wesentlichen Punkten aktualisiert hat, diese bei einem späteren Besuch aber nicht dabei hat und nach einer veralteten Verfügung gehandelt wird.Ganz anders ist es, wenn ich bereits in einer Pflegeeinrichtung bin und eine Situation erreicht ist, in der ich lieber an meiner Erkrankung versterben möchte. Wenn meine Patientenverfügung dann Wiederbelebung, Krankenhauseinweisung und/oder das Rufen eines Notarztes verbietet, dann müsste das auch vom Pflegepersonal beachtet werden, was aber leider häufig nicht passiert. Das kann daran liegen, dass die Patientenverfügung zwar bei den Akten liegt, aber inhaltlich nicht bekannt ist. Es wäre Aufgabe des behandelnden Arztes die Pflegekräfte in einer vorausschauenden Notfallplanung auf die eingetretene Beachtlichkeit der Patientenverfügung hinzuweisen. Hier können aber auch Bevollmächtigte und Betreuer wichtige Hilfe leisten und den Arzt um die Notfallplanung bitten und Pflegedienstleitung und Pflegekräfte auf meinen dokumentierten Willen hinweisen.Leider sind nicht alle Patientenverfügungen gleich qualifiziert und einige rechtfertigen sogar Sterbeverhinderung bis fast zuletzt. Für Laien sind die Unterschiede schwer zu erkennen und sie merken ihren Fehler oft erst, wenn es zu spät ist. Da empfiehlt sich eine Patientenverfügung, die weitreichende Wahlmöglichkeiten anbietet und mit individueller kostenloser Beratung daher kommt, wie es z. B. die Verfügungen der Zentralstelle Patientenverfügung des Humanistischen Verbands tun. Es geht sogar noch besser, aber davon später oder auf Anfrage mehr.Autor: Frank Spade, Sterbebegleiter und humanistischer Berater zu Patientenverfügung, Vorsorge und Selbstbestimmung am Lebensende, hält auch Vorträge zum Thema.
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