#E‑Health: Fluch oder Segen? 15. November 201715. November 2017 | Christa MöllerBAGSO-Sitzung in Frankfurt: Susanne Mauersberg (rechts) erklärt, was mit e‑health auf uns zukommt. Bettina Kloppig (links daneben) informiert über den Digital-KompassBald werden wir auch in Deutschland einen großen Schritt Richtung e‑health (=Electronic Health, auf elektronischer Datenverarbeitung basierende Gesundheit) machen; e‑health ist ein Sammelbegriff für den Einsatz digitaler Technologien im Gesundheitswesen, die in einigen anderen europäischen Ländern schon heute selbstverständlich sind. Um auch bei uns eine ähnliche Richtung einschlagen zu können, wurde vor über 10 Jahren die gematik gegründet – die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mgH. Das Wort Telematik verknüpft Telekommunikation und Informatik, also zwei Informationssysteme.In diesem Fall geht es um die elektronische Versichertenkarte, die alle Krankenkassenmitglieder jetzt nach und nach zugeschickt bekommen. Die Idee war, behandlungsrelevante Informationen zwischen Arzt, Krankenhäusern oder Apotheken zu verbinden. Gesellschafter des Unternehmens sind unsere medizinischen Spitzenverbände: die gesetzlichen Krankenversicherungen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Bundesärztekammer, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Deutsche Apothekerverband.Rückfahrt von Frankfurt, wie auf der Hinfahrt wieder mit über einer halben Stunde Verspätung – ob sich das mit mehr Telekommunikation auch ändern könnte?Zum Anhören dieser Zukunftsmusik hatte die BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen) nach Frankfurt eingeladen, im Rahmen einer Sitzung der Arbeitsgruppe Neue Medien. Im Moment kann die neue Versichertenkarte allerdings noch nicht so viel, es müssen zuerst neue Wege geschaffen werden, um alle Daten zu verarbeiten. Sobald das klappt, könnten zukünftig alle wichtigen medizinischen Daten gespeichert werden – und zwar aus Datenschutzgründen auf einer vom Internet unabhängigen Plattform. Die Versichertenstammdaten (Name, Geburtsdatum, Adresse, Versicherten- und Zuzahlungsstatus) gehören zum Pflichtprogramm. Auf der Rückseite findet sich die europäische Karte für eine Behandlung im Ausland.Darüber hinaus kann man sich ein sogenanntes Patientenfach einrichten, auf dem u.a. alle Arztprotokolle, verordnete Medikamente, Untersuchungsergebnisse gespeichert werden… Es wird nur das festgehalten, was man selber dort haben will. Und man kann auch selber Werte eingeben, zum Beispiel die selbst gemessenen Blutzucker- oder Cholesterinwerte. Die Kartenbesitzer*innen sind also Administratoren dieser Seite und können dort jederzeit einzelne Sätze, Bilder oder Dokumente löschen.In diesem Patientenfach könnten auch lebenswichtige Daten für eine Notfallversorgung stehen und ein Medikamentenplan (mit Einnahmeempfehlung für alle Medikamente, die man nimmt). Welche Daten an andere Ärzte weitergegeben werden, entscheidet man selbst, wie jetzt auch.Susanne Mauersberg vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Mitglied im Beirat der gematic, sieht diese Entwicklung durchaus posititv. Wobei aus ihrer Sicht noch eingiges fehlt für ein perfektes System. Z.B. haben im Moment Pflegekräfte noch keinen Zugriff. Außerdem bedauert sie das Fernbehandlungsverbot, das gerade festgelegt wurde. Bei bestimmten Krankheiten sei ein Arztbesuch überflüssig, erklärt sie, z.B. bei Blasenentzündungen. Helfen könne dann nur ein Antibiotikum, das Ärzte auch ohne vorherigen Besuch verordnen könnten.Leider sei der Einsatz von Smartphones bisher nicht möglich – anders als in Dänemark , wo schon 96% des Gesundheitswesens digital ablaufe. Das Problem seien die unsicheren Betriebssysteme der Smartphones, die generell große Sicherheitslücken hätten. Die Dänen würden das einfach ignorieren, genauso wie die Amerikaner. Dort seien aber auch schon Millionen von Gesundheits-Akten gehackt worden, das will man bei uns verhindern.Es gibt allerdings auch Kritik gegen das neue System: So hat ein Referent der Hamburger Verbraucherzentrale jahrelang gegen die E‑Karte gekämpft. Susanne Mauersberg versteht das nicht, da Unternehmen wie Apple und Google sowieso mit neuen Gesundheitsapps in den Startlöchern stehen. Die würden die Daten aber nur sammeln wollen, um sie zu verkaufen. Das sei mit e‑health nicht möglich. Dafür hätte u.a. der gematic-Beirat in langen Verhandlungen mit vielen guten Argumenten gesorgt.
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