Müllabfuhr für die Meere 21. Oktober 201818. November 2023 | Christa MöllerDiese Kisten brechen schnell auseinander und wehen ins Meer Christa Möller | GRÜNE ALTE Mit Günther Bonin auf seinem Katamaran, der SeekuhIch war auf Recherchereise in Hongkong, es ging um Plastikmüll im Meer. Getroffen habe ich dort den Müllfischer Günther Bonin – ein beeindruckender Mensch und ein richtiger Macher.Er spricht unglaublich schnell, als hätte er keine Zeit zu verlieren, weil er so viel sagen möchte. Zum Beispiel, dass über 300 Millionen Tonnen Plastik weltweit pro Jahr produziert werden und bis zu 13 Millionen Tonnen davon im Meer landen. Und dass Kunststoffe 85 % der Meeresabfälle ausmachen. Plastik wird zu Mikroplastik, wird von Fischen und Seevögeln mit Plankton verwechselt und gefressen oder sinkt auf den Meeresgrund – und „da kriegen wir es mit aktuellen Technologien nicht wieder hoch“, so Günther.Sein Schlüsselerlebnis: Er war mit einem Segelboot in einer stürmischen Nacht zwischen Seattle und San Francisco unterwegs und hat nach dem Sturm zahlreiche Plastiktüten auf dem Wasser schwimmen gesehen. Die Müllspur eines Frachters, nichts Besonderes, wie er sagt.An dem Morgen vor 10 Jahren ist ihm aber klargeworden, dass es nicht nur ein einziger Frachter war, der unterwegs war und seinen Müll ins Meer geworfen hatte, sondern möglicherweise Tausende von Booten auf allen Ozeanen. Und er hat den Entschluss gefasst, etwas dagegen zu tun. Hat seinen Job aufgegeben, den Verein „One Earth One Ocean“ gegründet und Pläne entwickelt, wie man den Müll wieder aus dem Meer rausholen kann – und für sein Projekt Sponsoren gesucht.Inzwischen hat er in Lübeck einen Katamaran bauen lassen, der mit Hilfe eines Netzes Plastik aus vier Meter Tiefe herausfischt. Den hat er zunächst auf der Ostsee getestet und dann nach Hongkong gebracht. Hotspot der Vermüllung ist nämlich Asien. Der gelbe Fluss zum Beispiel ist einer der schmutzigsten Flüsse der Welt. Acht Flüsse transportieren den meisten Müll, sechs davon in China und zwei in Afrika.Deshalb ist er nach Asien aufgebrochen, um den großen Hafenstädten seine Hilfe anzubieten. Seine Vision: Ganze Flotten ferngesteuerter Katamarane sollen mit Hilfe von Wind- und Solarenergie die Küstenlinien „abgrasen“. Sind die Netze voll, werden sie verschlossen und mit Bojen und Peilsendern versehen. Ihre Position wird an den Seefarmer, einen Trawler, übertragen, der die vollen Netze einsammelt und sie zum Recyclingschiff, dem Seeelefanten, bringt. Dort wird das gesammelte Plastik sortiert und zu schwefelfreiem Heizöl verarbeitet. Schon heute können Seen und Flüsse von kleinen, vier mal zwei Meter großen Seehamstern gereinigt werden, beispielsweise in Kambodscha.Cem Özdemir war schon zu Besuch auf der Seekuh und ganz begeistert von dem Konzept. Ich hab Günther in Hongkong kennengelernt, um über ihn und sein Engagement eine Geschichte zu schreiben. Die ist jetzt in der aktuellen Brigitte (Nr. 22) zu lesen.
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